Schweigen und weggehen
"Es ist kein Anzeichen von seelischer Gesundheit, sich an eine zutiefst gestörte Gesellschaft anpassen zu können."
(Jiddu Krishnamurti)
Mein Blog bildet nur eine winzige Nische im Netz und hat demzufolge nur wenige Leser. Wenn man ehrlich ist, dann schreibt man ja auch oft nur für sich selbst — aus den verschiedensten Gründen. An der geringen Reichweite habe ich mich in der Vergangenheit nicht gestört, wenn es mir darum ging, auf (kommunal)politische Missstände aufmerksam zu machen, Beobachtungen zu teilen oder den Finger in eine bestimmte Wunde zu legen. Doch was ist, wenn die Wunde so groß ist, dass eine ganze Gesellschaft hineinpasst? Kann man dazu überhaupt noch etwas sagen und wenn ja, was würde das bewirken?
Friedrich Nietzsche schreibt 1880 in seinen nachgelassenen Fragmenten: "Schweigen lernen und weggehen lernen. Überall wo ein bestimmter Widerspruch zum Leben gehört und unserem Wesen die Luft nimmt, soll man weggehen." ((eKGWB/NF-1880,6[196] — Nachgelassene Fragmente Herbst 1880.)) Die nur innerhalb von zwei Jahren entstandene Gesellschaft drängt mich tatsächlich zum Schweigen und zum Weggehen. Und nicht nur mit einem Widerspruch, sondern mit einer ganzen Kolonne von Widersprüchen, die so harsch, aggressiv, unverständlich und unmenschlich sind, dass man es kaum ertragen kann. Und indem ich das schreibe, merke ich, wie schwer es mir fällt, das Entsetzen in Worte zu fassen, das mich seit geraumer Zeit erfüllt. Dieses Entsetzen betrifft — selbstredend — die Regierung oder die Politik ganz allgemein (in dieser Hinsicht hat sich bei mir wenig verändert), es betrifft aber ebenso meine unmittelbare persönliche Umgebung, mein Arbeitsumfeld, Kollegen, Freundschaften — scheinbar vertraute soziale Strukturen, die sich erst schleichend und dann immer rasanter verändert haben. Ich verspüre immer stärker den Drang mich von allem zurückzuziehen. Mit nichts und niemandem mehr etwas zu tun haben zu wollen, erscheint mir mittlerweile als erstrebenswert. Die augenscheinliche Misanthropie verwandelt sich aus einer Art depressivem Makel in ein anziehendes Ideal. Sicher ist das jetzt etwas überspitzt formuliert, denn noch hause ich nicht einsam in einer Höhle und pflege eine gewisse Zahl persönlicher und sozialer Beziehungen, zudem welche, die für mich besonders wertvoll sind. Doch kaum bewege ich mich aus diesem kleinen Kreis heraus, schreckt mich alles ab. Und ich denke an Schweigen und Weggehen.
Wir bekämpfen vorgeblich eine einzige Krankheit, so als gäbe es keine anderen Krankheiten mehr und anscheinend ohne zu bemerken, wie die Art der Bekämpfung eine ganze Gesellschaft krank macht, ja komplett zerstört. Ich halte es mittlerweile für möglich, dass dies so gewollt ist. Corona ist nur ein Vehikel, für Korruption, Macht, Ideologie (die des Great Reset), Überwachung, Kontrolle, für die schöne neue Welt, in der alle gleich sind. Fakten, Informationen, Studien, Forschungsergebnisse, Argumente — alles liegt seit Monaten auf dem Tisch, ist im Netz öffentlich zugänglich, könnte auf einer breiten gesellschaftlichen Basis diskutiert werden. Aber es passiert nicht oder so gut wie nicht. Ich finde, dass wir für dumm verkauft und nach Strich und Faden belogen werden. Jeder, der das Denken nicht verlernt hat und sich eine eigene Meinung bilden will, stößt fast zwangsläufig darauf. Für meine Begriffe hat das überhaupt nichts mit Verschwörungstheorie zu tun, es ist für jeden nachvollziehbar, der nicht schläft. Auf Twitter gibt es zum Beispiel den Hashtag #Lauterbachluegt, unter dem Dutzende von objektiv falschen Aussagen und "Prognosen" des Gesundheitsministers gesammelt wurden. All das ist klar wie Kloßbrühe und deswegen verzichte ich mittlerweile darauf, irgendwen mit Argumenten zu konfrontieren oder gar überzeugen zu wollen. Viel interessanter, aber auch deprimierender finde ich, wie Menschen reagieren, was sie tun oder besser nicht tun, was aus ihnen in dieser Zeit geworden ist, was sie zu sehen glauben und was sie nicht erkennen können oder wollen. Auf einmal bin ich mir nicht mehr sicher, ob der Satz "Denn Menschen werden freiwillig immer einer freien Gesellschaft den Vorzug geben.", den ich in "Sagen, was ist" geschrieben hatte, überhaupt zutrifft.
In einem Gespräch mit Marc Friedrich schildert die Politikwissenschaftlerin Ulrike Guerot die Situation, dass sie mit ihrem erwachsenen Sohn beim Essen nur noch darüber reden kann, wie der Braten schmeckt. Das Corona-Thema (also ein Thema, das in dieser Zeit wirklich jeden bewegt und betrifft) wird von vornherein ausgeklammert. Allen am Tisch ist klar, dass man darüber nicht miteinander reden kann. Nach meiner eigenen Erfahrung ist vor allen Dingen einer Seite klar, dass sie darüber gar nicht reden will. Man verweigert das Nachdenken, man will nicht hinterfragen, man möchte einfach nur dazu gehören. Gunnar Kaiser hat das Ganze als Kult bezeichnet. Aber ich denke, es ist viel banaler als jede Sektiererei, die ihre eigenen Anhänger heranzüchtet. Es ist einfach nur die Psychologie der Masse, das Herdenverhalten, das Schaf-Dasein, das Bemühen, nicht auffallen zu wollen, die oberen Hierarchien nicht zu verärgern, nicht in den Fokus zu geraten, brav zu sein, die eigene Bequemlichkeit durch "Querdenken" nicht zu gefährden. Nicht denken zu wollen, ist schlimm. Nicht zuhören zu wollen ist tausendmal schlimmer. Ich denke oft daran, wie ich einem guten Freund versuchte, meine schwierige Situation im Beruf aufgrund der einrichtungsbezogenen Impfpflicht zu erklären und nur den Satz zu hören bekam: Du stehst dir da ein bisschen selbst im Weg.
Ja klar, natürlich wäre es denkbar einfach, sich selbst nicht im Weg zu stehen. Man bräuchte sich nur anpassen, einordnen, nicht auffallen, tun was erwartet wird. Warum sollte man sich auch auflehnen und auf den eigenen Überzeugungen bestehen, das bringt doch nur Ärger. Ich will keineswegs behaupten, dass ich gegen den Weg des geringsten Widerstandes gefeit wäre. Man kann die Welt nicht aus den Angeln heben und muss sich täglich immer und überall arrangieren, Kompromisse schließen und für sich Entscheidungen treffen. Aber sollte man nicht wenigstens da, wo die persönliche rote Linie überschritten wird und die eigene Würde gefährdet ist, aufrecht bleiben? Wenigstens ein klein wenig Rückgrat zeigen? Angesichts von zwei schlimmen Diktaturen ist uns Deutschen jahrzehntelang das "Nie wieder!" eingebleut worden, aber sobald es dafür eine Bewährungsprobe gibt, trotten wieder alle im Gleichschritt und plappern wieder alle nach, was ihnen aus den Lautsprechern vorgeplärrt wird. Wieviel Leid, Blut und Tränen hat es über Hunderte von Jahren hinweg gekostet, eine Gesellschaft zu schaffen, in der Menschen frei, unbehelligt und unabhängig ihren eigenen Zielen folgen können. Zu sehen, wie wenig diese Freiheit geschätzt und verteidigt wird, ist desillusionierend und enttäuschend. Eine Formulierung Sigmund Freuds verwendend könnte man das als "das psychologische Elend der Masse" ((Sigmund Freud; Das Unbehagen in der Kultur, Wien 1930, S. 28)) bezeichnen.
Krass, wie wirksam und erfolgreich Propaganda sein kann, wenn es selbst deinen engsten Freunden oder Verwandten auf einmal gleichgültig ist, wie es dir geht. Oder sie mit Häme darauf reagieren, was dir passiert oder angetan wird. Ich glaube, viele könnten heute von solchen Momenten und Situationen berichten. Die Propaganda zielte die ganze Zeit darauf ab, Menschen, die sich nicht impfen lassen wollen oder die — wirkungslosen und totalitär anmutenden — Corona-Maßnahmen kritisch sehen, zu diffamieren — als Covidioten, Rechte, Nazis, Schwurbler usw. Man wollte die Ausgrenzung. Man wollte den Hass schüren. Was hätten Menschen getan, wenn man sie aufgefordert hätte, die Ungeimpften aus ihren Wohnungen zu holen und totzuschlagen? Oder auf Waggons zu verladen? Sicher wären nicht alle sofort zu Tätern geworden. Aber ich werde das schale, düstere Gefühl nicht los, dass viele — auch mir nahe stehende — Menschen in meiner unmittelbaren Umgebung weggeschaut hätten. In diesem Sinne beherrschen mich in diesen Tagen vor allem Gefühle der Traurigkeit, der Enttäuschung, der Resignation. Kaum, dass die Corona-Panik und Angstmacherei (scheinbar) eine Pause einlegen, schwenken alle auf die neue Botschaft der Medien um. Jetzt ist auf einmal Russen hassen angesagt und brav schwenken die Schäfchen die Ukraine-Flaggen und halten Putin für einen neuen Hitler. So wie man es ihnen sagt. Alles was über schwarz und weiß hinausgeht, überfordert nur. Ursachen-Analyse, Geschichte, Hintergründe, Machtverhältnisse, Blicke hinter die aufbereiteten Kulissen, wozu? Es reicht doch, dass man immer weiß, wer die Guten sind. Damit man nicht plötzlich auf der falschen Seite steht.
Man muss sich nicht physisch auf den Weg machen, um wegzugehen. Auch wenn das Auswandern aus der eigenen Heimat plötzlich eine Option zu sein scheint. Man kann auch geistig weggehen. Man kann verweigern, sich in seinen Gedanken an diesem Ort aufzuhalten, wo gefühlt alle anderen sind. Denn die Gedanken sind — noch — frei.
9 thoughts on “Schweigen und weggehen”
Sie sind nicht alleine.
Ich werde nie diesen Tag vergessen, mitten in der Pandemie, wo ich meinen besten Freund nach 1,5 Jahren wieder besucht habe.
Ich konnte nicht abschalten und wirklich innere Freude empfinden, weil die Angst vor dem Impfzwang mich komplett umhüllte. Denn zu dem zeitpunkt war ich bereit, für meine Überzeugung alles zu opfern, auch meine Wohnung, Job, Geldquelle, Leben. Lieber Obdachlos als Mitläufer.
Mein Freund bemerkte das nicht, er weiss zwar, das ich die Todesspritze ablehne, aber er kam nie auf die Idee darüber nachzudenken, wie ich mich fühle, wenn es an meine Existenz geht. Er hat auch niemals mich danach gefragt.
Denn er sagt, wir haben eine Pandemie, also ist die Spritze gut.
Für ihn war der Besuch schön, für mich aber war es als wäre ich unter fremden.
Da hab ich erkannt, jeder stirbt alleine.
Und niemand wird dich (lange) durchfüttern, wenn die anderen auch zusehen müssen , wo sie bleiben.
Danke für Ihren Kommentar. Es ist gut und wichtig zu wissen, dass es Gleichgesinnte gibt. Uns hat es Kraft gegeben, hier in der Stadt zu den Montagsspaziergängen zu gehen. Freunde, die einen verstehen, sind weniger geworden, aber es gibt sie. Solange man miteinander reden und einander zuhören kann, ist alles gut. Man muss nicht immer der gleichen Meinung sein. Solche gravierenden gesellschaftlichen Veränderungen zeigen einem schnell, wem man vertrauen kann, wer einen versteht und wer nicht.
bin gerade bei IKN über ihren blog "gestolpert". Schweigen: Seltsamerweise hatte ich gerade die letzten Minuten, die letzte Stunde beschlossen, eine Zensur durchzuführen, nicht mehr mit Anderen über die aktuelle Weltlage, dem zunehmenden kollektiven Wahn und Irrsinn zu reden, oder zu versuchen ‑nicht mal mit meinen engsten Freunden, Verwandten, mit denen ich mich bisher gut austauschen konnten, die letztlich alle Ausreden hatten, nicht wirklich hinzusehen. Ich bin dessen müde und überdrüssig.
Weggehen: ja ich habe vor 5J. begonnen auf ein mögliches Weggehen hinzuarbeiten, Voraussetzungen zu schaffen, ganz real, wird aber schwierig sein...konnte bisher mein Leben in D noch nicht loslassen, alles aufgeben, ganz alleine abzuspringen.
Es gibt von Ernst Jünger ein Büchlein der diesen Zustand "Schweigen und Weggehen" beschreibt, bezogen auf das Innenleben, als innerliches Geschehen, : "Der Waldgang" Damals war eine ähnliche Zeit wo man sehr Einzeln werden mußte, mutig zu sich selbst stehen mußte....
IKN? Bin doch immer wieder erstaunt, auf welchen Wegen Menschen hier in meine persönliche Nische finden. 😉 Danke für Ihren Kommentar. Wir haben auch eine Weile ernsthaft darüber nachgedacht, auszuwandern. Wenn die allgemeine Impfpflicht gekommen wäre, hätte man diese Option in Betracht ziehen müssen. Aber wohin? Die Tendenzen gehen ja fast überall in die gleiche Richtung. Mit dem Reden ist es so eine Sache. Es hat wohl keinen Zweck offensiv überall seine Meinung zu vertreten. Das bringt nichts. Aber es tut gut, wenn man Menschen kennt, mit denen man über seine Gedanken reden kann und die auch Verständnis für die eigene Situation haben bzw. ähnliche Erfahrungen gerade machen.
Danke für den Tipp mit der Ernst-Jünger-Lektüre. "Der Waldgang" ist mir zumindest vom Titel her nicht unbekannt. Vielleicht ist jetzt die Zeit, den Text zu lesen. Alles Gute Ihnen!
Gleichzeitig ist es aber so, das ich ein introvertierter Mensch bin und keine neuen Freundschaften sich mehr ergeben.
Da ich aber in der Ferne arbeite und wohne und somit alleine bin brauche ich ab und an Leute die mich mögen. Da es keine hier gibt habe ich entschieden, zurück zur Familie zu ziehen, denn die Wahrheit nützt mir nichts, wenn ich dafür mit Einsamkeit zu kämpfen habe.
Dann lebe ich lieber in der Heimat bei Freunden, auch wenn die vollkommen riegierungskonform sind und ich als verrückter dastehe.
Die Wahrheit nützt mir nichts, damit kann ich mir nichts kaufen und auch Gesellschaft bietet sie mir nicht.
Daher möchte ich abschließend sagen, das man sich gut überlegen sollte, ob man die letzten sozialen Brücken riskiert abzubauen, ob man mit der totalen Einsamkeit langfristig leben kann.
Wenn nein sollte man auch wenn man das Gefühl hat, unter Zombies zu sein, sich dem hingeben und schweigen zu allem revelanten.
Das ist eine schwierige Situation und ich kann das nachvollziehen. Einsamkeit ist sehr schädlich und für nichts eine Lösung. Aber man kann sich auch unter Menschen einsam fühlen, wenn man mit ihnen nicht (mehr) sehr viel gemeinsam hat. Ich wünsche Ihnen auf jeden Fall, dass Sie auch in Ihrem sozialen Umfeld wieder Menschen finden, die gleich ticken. Vielleicht hilft auch das Internet dabei.
Wenn Sie mal alle Medien abschalten ist überhaupt nichts los. Sie leben dann in einer anderen Welt.
Wenn Sie mal darauf achten ist das meiste Angstmacherei mit Worten/Texten oder findet außerhalb der nachprüfbaren Umgebung statt.
Wenn Sie mal auf Preisschilder schauen ist es das einzige was sich ändert. Es geht um Abzocke, Plünderung, der Ring Sie alle zu knechten usw.
Auch der Krieg in der Ukraine wirkt sich nicht aus und wird sich auch nicht auswirken. Alle Seiten haben Interessen, Gas verkaufen ./. heizen. Das UShithole wird sofort einen Rückzieher machen wenn es hierzulande nach Aufständen uch nur riecht.
Medienkonsum dient nur dazu Sie einzuschüchtern, ihnen Angst zu machen Sie zu lähmen.
Was helfen würde ist kompletter Konsumverzicht (Generalstreiks sind ja verboten). Selbsthilfe, sich aus der Isolation in der eigenen Umgebung befreien. Über anonyme Medien und Mensch-Maschine Interfaces (schönes Wort) ist es nicht möglich.
Dann ist der Spuk in einem Monat vorbei. Maschinen können keinen Mehrwert erzeugen, um nichts anderes als die Abschöpfung desselben geht es aber.
Vom Sofa aus den Wutbürger zu mimen und schlaue Texte ins Internet zu stellen, dabei auch noch die eigenen Stasi Akte zu schreiben ist eher kontraproduktiv.
Meine Reichweite haben Sie jedenfalls (auch wenn das oft überbewertet wird).
Das Konformistenpack existiert ja auch nicht erst, seitdem es Fußball gibt.
Hallo, lieber Blognachbar!
Ich bin ebenfalls über den Maschinist an Ihren Blog geraten, der diesen Text verlinkt hat. Er kommentierte es sehr passend: "So alleine, wie Sie denken, sind Sie vermutlich gar nicht." Er wie ich teilen Ihre Gedanken. Wir haben uns auch textlich schon sehr umfassend darüber ausgelassen.
Auch mich treiben ähnliche Gedanken um — Schweigen und Weggehen. Mit sich im Unklaren sein, wie man mit dieser Situation umgehen soll. Weiter an das Gute glauben oder abschließen. Wenn Sie Interesse haben, können Sie gerne bei mir reinstöbern, bevor ich jetzt hier weit ausholen müsste, da halte ich meine Gedanken fest. Wir sind Leidensgenossen, ganz einfach ausgedrückt.