"Jetzt reicht's auch einmal."
Der Super-Gau in Sachen Sicherheit und Datenschutz beschäftigt die Regierung. Der CyberWar hat Deutschland erreicht und in die Knie gezwungen. Eine Krisensitzung jagt die andere. Dauerberatungen im Außen- und Verteidigungsministerium. 80 Millionen Deutsche werden in ihrer gesamten elektronischen Kommunikation durch einen ausländischen Geheimdienst überwacht! Privateste Daten werden aufgezeichnet und gespeichert. Das Handy der Kanzlerin jahrelang ausgespäht! Angela Merkel ist entsetzt, dass ein außerhalb jeglicher Grundrechte agierender Geheimdienst nun ihren AngryBirds-Spielstand kennt. Jetzt wissen die ranghöchsten Verbündeten, dass die eisenharte Kanzlerin kein einziges Huhn trifft. Eine strategische Katastrophe. Erstmal unsere Freundschaft betonen. Das hilft meistens — naja, ein bisschen vielleicht. Dann die transatlantische Partnerschaft beschwören — zur Sicherheit, versteht sich. Ein paar grüne Mitglieder der Atlantik-Brücke bieten sich als Vermittler an. Sie wissen, welchen Burger Obama besonders gern mag. Die Kanzlerin lehnt dankend ab. Noch hat sie die Situation selbst im Griff. Sooooo schlimm wie damals bei Willy Brandt ist das Ganze noch nicht. Ein Rücktritt kommt nicht in Frage.
Aber der Super-Gau ist in Wirklichkeit ein Super-Super-Gau. Denn der Bundestag und seine Ausschüsse stehen auch im Visier der NSA. Das EU-Parlament ebenso. Botschaften werden abgehört. Internationale Konferenzen belauscht. Agenten eingeschleust, um Untersuchungsausschüsse auszuhorchen und vertrauliche Dokumente weiter zu reichen. Der Innenminister fragt sich ernsthaft, ob er denn jetzt noch unbesorgt nach teuren Herrenanzügen im Netz googeln kann. Experten wissen keine Antwort. Der treueste Verbündete, unser Befreier, der Garant für Demokratie und Freiheit — tritt unsere Rechte mit Füßen! Er schert sich einen Dreck um unsere nationale Souveränität. Angela Merkel zeigt sich "beunruhigt", versucht aber ihrem normalen Tagesablauf nachzugehen. Eine interne Anfrage an das Kanzleramt soll klären, ob die Sache Auswirkungen auf die Lieferung von amerikanischen CornFlakes für das Frühstück der Kanzlerin hat. Alle PR-Berater zitieren das alte deutsche Sprichwort: Reden ist Silber, Schweigen ist Gold. Die Kanzlerin schweigt. Das hat bisher immer geklappt. Eine höflich-devote Anfrage des BND an die CIA, ob es denn noch andere Agenten im Umfeld der Regierung gibt, bleibt unbeantwortet. Obama lässt beim Golfspielen leicht ärgerlich durchblicken, dass er nicht erwartet hätte, dass die Scheinregierung eines abhängigen Vasallenstaates sich sooooo aufregt. Die Bundesregierung entschuldigt sich sofort und schickt zur Versöhnung einen Vorschlag, dass man doch, statt sich zu streiten, gemeinsam Russland plattmachen könnte.
Doch immer neue Details kommen ans Licht, eines schlimmer als das andere. Auch nach Monaten ignoriert die amerikanische Regierung die Fragen der Deutschen zur Aufklärung des Abhörskandals. Der germanische Ur-Zorn bricht sich Bahn. Angela Merkel bekommt bei einem Besuch in einer chinesischen Kochschule den Schluckauf und sagt die Worte "erstaunt" und "enttäuscht". Aus dem Rektum der USA heraus sind sie jedoch schwer zu verstehen und gehen in lauten diplomatischen Furzgeräuschen unter. Den aus aller Welt angereisten Journalisten klappt die Kinnlade herunter. Soviel Chuzpe hatten sie nicht erwartet! Der Außenminister Frank Walter-Steinmeier zitiert den amerikanischen Botschafter ins Auswärtige Amt. Nachdem er ihn aufgefordert hat, "zügig" zur "Aufklärung" beizutragen, gehen sie unbestätigten Angaben zufolge hinterher ordentlich einen trinken.
Ende letzter Woche ist allerdings Schluß mit lustig! Die Autorität aller Autoritäten, die moralische Instanz an sich, unser Bundespräsident (der olle Stasi-Fänger, hihi) legt sich jetzt ins Zeug. Da kriegt die Kanzlerin einen Hörsturz und der Innenminister Verstopfung. Zwischen zwei Repräsentationsbesuchen in einem Seniorenheim und bei einem Drohnenhersteller haute Gauck mit der Faust auf den Tisch, dass die Buletten nach allen Seiten flogen und äußerte seinen präsidialen Unmut mit dem überragenden Satz: "Jetzt reicht's auch einmal."
Vor Schreck schlug der amerikanische Präsident beim Golfspielen einmal daneben und befahl sofort dem amerikanischen Botschafter in Berlin, nochmal mit Steinmeier einen trinken zu gehen. Dieses Mal allerdings in einer nicht ganz so teuren Bar, damit die Spesen nicht so hoch sind. In einem ausführlichen Schreiben an das Bundeskanzleramt betonte Obama über zwei Seiten die langjährigen freundschaftlichen Beziehungen zwischen beiden Staaaten und die gemeinsamen wirtschaftlichen, militärischen und sicherheitspolitischen Interessen. Aus einer geheimen Quelle sickerte jedoch durch, dass am Ende des Briefes zu lesen war: "Lovely Angela, fuck you! And my shoes are not cleaned!" Die Bundeskanzlerin antwortete mit einer weiteren freundschaftlichen Einladung zum gemeinsamen Plattmachen der Russen.
Gauck legte nun am Samstag noch einmal nach. In einem ungeheuerlich aggressiven rhetorischen Angriff auf die Entgleisungen der USA verstieg sich der Bundespräsident zu dem Satz, es sei "Zeit für klare Worte Richtung Washington". In diesem Augenblick bebte die Erde und an der Wallstreet brachen die Kurse für eine Millisekunde um 0,000035 % ein. Neuesten Informationen zufolge wird nun über die Verhängung erster Sanktionen gegen die USA beraten. Man ist sich allerdings noch nicht einig, ob das Einfuhrverbot traditionelle Indianerfedern oder doch lieber Schaufelstiele aus Idaho betreffen soll.