Stadtrat oder Geheimrat
Die erste Sitzung des Stadtrats nach der Sommerpause war für den 17. September geplant. Doch wer nach einer öffentlichen Einladung oder gar einer Tagesordnung im Sitzungskalender der Stadt fahndete, wurde enttäuscht. Nichts dergleichen war zu finden. Da eigentlich auch eine Bürgeranfrage der Piraten Jena anstand, fragten wir nach und erfuhren: die Stadtratssitzung findet komplett hinter geschlossenen Türen statt. Die Piraten beschlossen daher kurzerhand eine Spontandemo gegen die offensichtliche Intransparenz und trafen sich kurz vor 17 Uhr vor dem Rathaus, um vor den Augen der Presse die überraschten Stadträte mit entsprechenden Botschaften und Forderungen zu konfrontieren: "Stadtrat oder Geheimrat", "Für wen regiert ihr?", "Bürger müssen draussen bleiben", "Was habt ihr zu verbergen?" u.a.
Eine Stadträtin, die mit den Piraten ins Gespräch kommen wollte, führte das Argument ins Feld, dass man sich ja vorher über den Inhalt der Sitzung hätte informieren können, z.B. durch Anrufe in der Stadtverwaltung. Das ist doch eine recht erstaunliche Vorstellung demokratischer Abläufe, sind doch Volksvertreter ihren Wählern gegenüber rechenschaftspflichtig und nicht die Wähler in der Pflicht, ihren Informationshunger durch Hinterherlaufen zu stillen. Der Protest für mehr Transparenz in der Jenaer Kommunalpolitik war also mehr als gerechtfertigt. Die Stadtverwaltung sah das übrigens im Vorfeld ganz anders und orderte erstmal gleich ein paar Einsatzwagen der Polizei, die ganz verzweifelt rund um das Rathaus nach gewaltbereiten Chaoten fahndete. Die blieben natürlich aus, die Forderung der Piraten nach mehr Information der Bürger und einen offenen und bürgernahen Stadtrat dagegen bleiben bestehen.
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