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Sagen was ist

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7. November 2020 Comments 3 comments
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... oder was eine Twitter-Sperrung bedeutet

Am Frei­tag, den 6. Novem­ber 2020 gegen 19 Uhr erhielt ich von Twit­ter die Benach­rich­tung, dass mein Twit­ter-Account gesperrt wur­de. Grund für die Sper­rung war ein Tweet, den ich bereits am 6. Okto­ber gepos­tet hat­te. Offen­bar gab es eine gan­ze Rei­he von Mel­de­mu­schis, die sich an die­sem Tweet abge­ar­bei­tet haben, denn bereits am 14. Okto­ber und am 16. Okto­ber infor­mier­te mich Twit­ter dar­über, dass "Beschwer­den" dazu ein­ge­gan­gen sind. Inter­es­san­ter­wei­se war das Zen­s­ur­team von Twit­ter zu die­sem Zeit­punkt noch der Mei­nung, dass der ver­öf­fent­li­che Inhalt kei­nen Ver­stoß gegen die "Twit­ter-Regeln" dar­stellt. Drei Wochen spä­ter änder­te man die­se Ein­schät­zung und kam jetzt zu der Auf­fas­sung, dass ich damit "Hass-Inhal­te" ver­brei­te und Gewalt gegen Min­der­hei­ten fördere.

 

Ich bin ein Mensch, dem es herz­lich egal ist, ob ein Stand­punkt als links, rechts, kon­ser­va­tiv, libe­ral, grün, rot oder schwarz gilt. Je nach­dem, um was es sich han­delt, bil­de ich mir mei­ne eige­ne Mei­nung und kom­me zu unter­schied­li­chen Über­zeu­gun­gen. Was ich aller­dings über­haupt nicht lei­den kann, ist Heu­che­lei und Dop­pel­mo­ral — Phä­no­me­ne, die heut­zu­ta­ge vor­zugs­wei­se bei Vor­kämp­fern einer ganz bestimm­ten ideo­lo­gi­schen Welt­an­schau­ung weit ver­brei­tet sind. Eigent­lich kann sich jeder, der den bean­stan­de­ten Tweet liest, sehr leicht über­zeu­gen, dass die Ankla­ge des Minis­te­ri­ums für Wahr­heit gegen mei­ne Per­son völ­lig an den Haa­ren her­bei­ge­zo­gen ist. In einer klei­nen, ja neben­säch­li­chen Twit­ter-Dis­kus­si­on mit jeman­dem, den ich zudem auch noch per­sön­lich ken­ne und schät­ze, woll­te ich dar­auf hin­wei­sen wie merk­wür­dig es ist, wenn sich jemand unent­wegt gegen Rechts und rech­te Gewalt posi­tio­niert, bei Gewalt von Migran­ten aber schweigt.

Über Mei­nun­gen kann man strei­ten, Tat­sa­chen kann man zur Kennt­nis neh­men oder davor die Augen ver­schlie­ßen. Jeder, der in der Lage ist, Kri­mi­nal­sta­tis­ti­ken zu lesen oder auch nur Poli­zei­mel­dun­gen in leicht zugäng­li­chen Medi­en zu ver­fol­gen, weiß dass es ein Pro­blem mit gewalt­tä­ti­gen Migran­ten gibt. Natür­lich nicht mit allen Migran­ten, aber das steht da auch nicht. Vie­le die­ser Mel­dun­gen erschüt­tern die Öffent­lich­keit wegen der Grau­sam­keit oder ent­setz­li­chen Bru­ta­li­tät der began­ge­nen Gewalt­ta­ten oder wegen dem Fakt, dass oft Frau­en die Opfer die­ser Taten sind. Die jüngs­ten Ter­ror­an­schlä­ge in Frank­reich und Öster­reich sind lei­der eine wei­te­re Bestä­ti­gung für das Wört­chen "gezielt" in mei­nem Tweet. Ich habe also nicht gelo­gen. Ich habe noch nicht mal eine schwer über­prüf­ba­re Behaup­tung auf­ge­stellt. Es ging mir ledig­lich dar­um zu sagen was ist und mein Erstau­nen dar­über kund­zu­tun, dass Empö­rung immer nur die eine Sei­te trifft, ande­re Sei­ten aber aus­spart. Genau­so ist völ­lig klar, dass ich an kei­ner Stel­le die­ses Tweets zu Gewalt auf­ge­ru­fen hät­te oder Hass schü­ren wollte.

Ich schrei­be das nicht, um mich — vor wem? — zu recht­fer­ti­gen. War­um ist es mir trotz­dem wich­tig, dass alles noch­mal genau auf­zu­drö­seln? Die Zen­sur­ma­schi­ne brummt; jeden Tag wer­den Hun­der­te — manch­mal sogar Zehn­tau­sen­de — Accounts bei Twit­ter ein­ge­schränkt, in der Reich­wei­te behin­dert, zeit­wei­lig oder ganz gesperrt. An etwas, an das man sich in einer frei­en Gesell­schaft nicht gewöh­nen soll­te, gewöhnt man sich. Die Denk­wei­se dahin­ter ist allen tota­li­tä­ren Gesell­schaf­ten gemein­sam. Wenn man Men­schen ver­bie­tet, ihre Gedan­ken und ihre Mei­nung zu äußern, soll­ten die­se dem gewünsch­ten Nar­ra­tiv wider­spre­chen, ist alles in Ord­nung. Aber lie­be Block­war­te und Blockwart:Innen_X, ihr müsst jetzt ganz tap­fer sein. Ich weiß, es ist für Men­schen mit ein­ge­schränk­ten geis­ti­gen Fähig­kei­ten schwer zu ver­ste­hen: Mein Tweet ist weg, die Rea­li­tät bleibt. Die Wirk­lich­keit ver­schwin­det nicht, nur weil man sie in einer zutiefst infan­ti­len Trotz­re­ak­ti­on bekämpft oder unter einem ideo­lo­gi­schen Deck­män­tel­chen ver­ste­cken möch­te. Jedem halb­wegs ver­nünf­tig den­ken­den Men­schen ist zudem klar, dass Pro­ble­me nicht gelöst wer­den, indem man sie verschweigt.

Twit­ter ist eine gro­ße Social-Media-Platt­form. Twit­ter ist nicht der Nabel der Welt. Der Tweet ist nun gelöscht, herz­li­chen Glück­wunsch. Aber egal wie sehr ihr euch das wünscht, ihr könnt nicht in die Köp­fe der Men­schen hin­ein­schau­en und ihr könnt deren Gedan­ken nicht zen­sie­ren. Ich bin ein Kind der DDR und ken­ne das alles. Ich bin damit groß­ge­wor­den zu wis­sen, dass man in der Öffent­lich­keit nicht alles sagen kann, ohne Kon­se­quen­zen befürch­ten zu müs­sen. Die DDR hat das nicht geret­tet. Wer die Geschich­te kennt und in der Lage ist dar­aus zu ler­nen, weiß, dass tota­li­tä­re Gesell­schaf­ten kei­ne Zukunft haben. Ganz gleich, wie repres­siv und gewalt­tä­tig man ver­sucht die Men­schen auf die gewünsch­te Linie zu brin­gen, es ist immer zum Schei­tern ver­ur­teilt. Es kann nur eine schwa­che und nie­der­träch­ti­ge Befrie­di­gung sein zu wis­sen, dass Men­schen unter Zwang das sagen, was man von ihnen hören will. Aller­dings kommt immer das his­to­ri­sche Zeit­fens­ter und damit die Gele­gen­heit, wo die­se Men­schen sich von ihren Unter­drü­ckern, Agi­ta­to­ren und Zen­so­ren befrei­en. Denn Men­schen wer­den frei­wil­lig immer einer frei­en Gesell­schaft den Vor­zug geben. Ohne Mei­nungs­frei­heit ist eine freie Gesell­schaft nicht denkbar.

Viel­leicht wird mich Twit­ter irgend­wann für irgend­ei­ne Äuße­rung ganz sper­ren. Na und. Es gibt wich­ti­ge­re Din­ge als Twit­ter. Sehr viel wich­ti­ge­re Din­ge. Wie bescheu­ert, ein­fäl­tig, ver­blen­det muss man sein zu glau­ben, dass das öffent­li­che Weg­sper­ren einer Mei­nung irgend­et­was ändert. Die Rea­li­tät hat noch immer über jeg­li­che Wunsch­vor­stel­lun­gen gesiegt.


Gesellschaft, Persönliches
Sperrung, Social Media, Zensur, Twitter, Meinungsfreiheit

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3 thoughts on “Sagen was ist”

  1. Ralle o. "Heimatloser" sagt:
    17. April 2022 um 16:22 Uhr

    Das habe ich schon vor etwa 20 Jah­ren gefühlt und die­se "asso­zia­len" Medi­en aus mei­ner Welt von vorn her­ein gestri­chen! ich wer­de zwa r immer wie­der schräg ange­se­hen, das ich "Zwit­ter", "Frat­zen­buch" und sonst wel­che Aus­wüch­se des Internet´s nicht nut­ze, aber ich mer­ke immer wie­der, das mir durch die­se "Nicht­nut­zung" viel mehr Frei­raum im Den­ken und vor­al­lem Zeit dafür verbleibt!
    Ein Jena´er der sich sein unab­hän­gi­ges Den­ken erhal­ten mag!

    Antworten
    1. Frank11 sagt:
      19. April 2022 um 07:59 Uhr

      Dan­ke für dei­nen Kom­men­tar. Ja, das digi­ta­le Leben besteht mehr aus Schein als aus Sein. Die wirk­lich wert­vol­len Erfah­run­gen im Leben fin­den nicht in sozia­len Netz­wer­ken statt. Das soll­te man sich immer wie­der bewusst machen.

      Antworten
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