Skip to content
Franks SchreibBlog
  • Blog
  • Publikationen
  • Fotos
  • Über mich
  • Search Icon

Franks SchreibBlog

Provokativ • Politisch • Persönlich

Die Oberlehrer-Gesellschaft

Die Oberlehrer-Gesellschaft

18. November 2013 Comments 6 comments
Print Friendly, PDF & Email

oder Wie wir alle unse­re Frei­heit demontieren

Anfang Novem­ber wur­de der Deut­sche Kin­der­hör­spiel­preis ver­lie­hen, bei dem Mär­chen­the­ra­pie von Max Urla­cher zum Gewin­ner gekürt wur­de. In dem Stück wer­den "sozi­al unver­träg­li­che Mär­chen­fi­gu­ren" in ein The­ra­pie­zen­trum ein­ge­wie­sen und bei ent­spre­chen­dem Behand­lungs­er­folg und guter Füh­rung auf Bewäh­rung in die Men­schen­welt ent­las­sen. Was offen­bar als Sati­re auf die aller­or­ten gras­sie­ren­de poli­ti­sche Kor­rekt­heit gedacht ist, erscheint in Zei­ten, in denen Kin­der­bü­cher nach Belie­ben ent­schärft, berei­nigt und "böse Wör­ter" dar­aus getilgt wer­den, nicht beson­ders lus­tig. Ganz im Gegen­teil läuft man Gefahr, es irgend­wie für rich­tig und logisch zu hal­ten, dass Hexen, Kin­der­kan­ni­ba­len, böse Zau­be­rer und Räu­ber von Päd­ago­gen und Psy­cho­the­ra­peu­ten geläu­tert wer­den, damit sie zu unpro­ble­ma­ti­schen und funk­ti­ons­tüch­ti­gen Mit­glie­dern unse­rer Gesell­schaft wer­den können. 

Mit­glie­der unse­rer Gesell­schaft, die zu ihrem Bes­ten erzo­gen wer­den müs­sen, gibt es hau­fen­wei­se – unauf­merk­sa­me oder bös­wil­li­ge Auto­fah­rer zum Bei­spiel, die armen Rad­fah­rern auf Stra­ßen und Plät­zen das Leben schwer machen. Ein ehe­ma­li­ger Green­peace-Cam­pai­gner hat nun dafür eine "She­riff-App" ent­wi­ckelt ((http://www.metronaut.de/2013/10/ekelhaft-die-denunzianten-app-strassensheriff/)), mit der man moto­ri­sier­te Mit­bür­ger per Han­dy bei der Poli­zei anzei­gen kann, inklu­si­ve Kenn­zei­chen, Foto und GPS-Daten des Stand­orts. Ob schon jemand dar­über nach­ge­dacht hat, auch Auto­fah­rern eine App an die Hand zu geben, mit der sie wild que­ren­de und jeg­li­che Vor­fahrts­re­geln miss­ach­ten­de Rad­fah­rer an die Obrig­keit aus­lie­fern kön­nen, weiß ich nicht. Ich ver­mu­te aber, es ist nur eine Fra­ge der Zeit. Zumin­dest haben Auto­fah­rer gegen­über per se öko­lo­gisch und nach­hal­tig den­ken­den Rad­fah­rern die schlech­te­ren Kar­ten, denn sie sind natür­lich Kli­ma­sün­der, wei­gern sich E10 zu tan­ken und sind am Unter­gang des Pla­ne­ten schuld. Sol­che prak­ti­schen Apps sind in Zukunft für vie­le wun­der­vol­le Denun­zia­tio­nen denk­bar, sei es nun, dass man Rau­cher an öffent­li­chen Hal­te­stel­len, Park­gril­ler, laut musi­zie­ren­de Jugend­li­che, im Ste­hen pin­keln­de Män­ner oder unan­ge­mel­det demons­trie­ren­de Wut­bür­ger überrascht.

Ja, natür­lich sind gera­de Rau­cher die per­fek­ten moder­nen Sün­der, die wider­spens­tig ihrem Las­ter nicht ent­sa­gen wol­len und denen man mit Kam­pa­gnen, Zwangs­maß­nah­men, Geset­zen, Ord­nungs­straf­ver­fah­ren und fan­ta­sie­vol­len Brand­mar­kun­gen aller Art das Leben so schwer wie mög­lich machen will. Ihnen droht nicht nur die Höl­le des Lun­gen­kreb­ses, son­dern auch noch die der gesell­schaft­li­chen und per­sön­li­chen Ver­ach­tung. ((sie­he z.B. http://www.taz.de/!121129/ oder http://www.zeit.de/wissen/gesundheit/2011–07/newuseeland-rauchverbot-zigaretten)) Sie wer­den dar­über hin­aus von fana­ti­schen Nicht­rau­cher-Initia­ti­ven bekämpft, die ihr Recht auf sau­be­re Luft not­falls vor jedem Gericht die­ses Lan­des ein­kla­gen. Ob sie das auch im Hin­blick auf indus­tri­ell ver­ur­sach­te Luft­ver­schmut­zung tun, bleibt unklar, das tut aber ihrem Kampf für die gerech­te Sache kei­nen Abbruch. Auch zu fet­tes Essen und ins­be­son­de­re Über­ge­wich­tig­keit ist las­ter­haft und muss in den immer­wäh­ren­den Krieg für das Gute, Gesun­de, Schö­ne und poli­tisch Kor­rek­te ein­ge­glie­dert wer­den. Die Adi-bösen kos­ten uns viel Geld aus den Sozi­al­kas­sen und wenn es ums Geld geht, hört bekannt­lich jede Freund­schaft auf. ((http://kinder-alarm.blogspot.de/2010/06/bestrafung-von-ubergewichtigen-kindern.html oder http://www.swissinfo.ch/ger/archiv/Lebensversicherer_plant,_Uebergewichtige_zu_bestrafen.html?cid=937856)) Schön, dass end­lich auch die gräss­li­chen Fleisch­esser ins Bewusst­sein der Ober­leh­rer-Gesell­schaft rücken, wenn man sogar Hun­de und Kat­zen (zwangs­wei­se) vegan ernäh­ren kann, wozu soll­ten dann Men­schen Fleisch essen? Fleisch­esser kom­men noch vor ent­ar­te­ten Mär­chen­fi­gu­ren, denn sie haben kein Herz für Tie­re, sor­gen für noch mehr kli­ma­schäd­li­che Gase, sind aggres­si­ver und min­des­tens mora­lisch mit­ver­ant­wort­lich für alle Hun­ger­to­ten die­ser Welt. Und wenn es schon ein Schnit­zel sein soll, dann zumin­dest kein Zigeu­ner­schnit­zel, denn damit wer­den auto­ma­tisch alle Sin­ti und Roma diskriminiert.

Sämt­li­che Ver­feh­lun­gen im Stra­ßen­ver­kehr wer­den dem­nächst von Black­bo­xen in den Autos getreu­lich auf­ge­zeich­net und min­des­tens durch erhöh­te Ver­si­che­rungs­ge­büh­ren bestraft. Natür­lich las­sen wir uns auch dar­auf gern ein. Im Hin­ter­grund lau­ert schon das EU-geför­der­te INDECT-Pro­jekt, das jed­we­des ver­däch­ti­ge Ver­hal­ten im rea­len und digi­ta­len Leben auf­spü­ren und an alle mög­li­chen Behör­den wei­ter mel­den soll. ((sie­he http://www.spiegel.de/netzwelt/netzpolitik/eu-ueberwachungsprojekt-indect-die-volle-kontrolle-a-866785.html oder https://netzpolitik.org/2013/indect-geht-in-die-finale-phase-und-will-personen-die-ueber-rote-ampeln-gehen-ueberwachen/)) Ob man dabei Ter­ro­ris­ten mit Kof­fern vol­ler Spreng­stoff oder nur Leu­ten, die bei Rot über eine Ampel gehen, auf die Spur kommt, ist eher neben­säch­lich. Nur der unver­däch­ti­ge, sprich per­fekt ange­pass­te Mensch kann dem alles­se­hen­den Auge der immer­wäh­ren­den Kon­trol­le ent­ge­hen. Aber natür­lich sind alle ganz wild auf die­se Art der Unter­wer­fung unter einen all­mäch­ti­gen Staat und wäh­len gern und wie­der­holt poli­ti­sche Kräf­te, die den Kne­bel die­ser Kon­trol­le wei­ter anziehen.

In der Ober­leh­rer-Gesell­schaft muss immer irgend­je­mand an irgend­et­was gehin­dert wer­den, was er gera­de im Begriff ist zu tun. Denn in jeder Sekun­de läuft man Gefahr jeman­den absicht­lich oder unab­sicht­lich zu dis­kri­mi­nie­ren, bei­spiels­wei­se indem man einer Frau die Tür auf­hält und ihr damit bedeu­tet, dass sie das nicht allein kann. Oder sie ohne zu fra­gen küsst. Oder mit ihr Sex haben möch­te, ohne vor­he­ri­ge schrift­li­che Ver­ein­ba­rung und juris­ti­sche Absi­che­rung gegen alle mög­li­chen und unmög­li­chen Fol­gen und Fall­stri­cke. Von bös­ar­ti­gen Krank­hei­ten ganz zu schwei­gen, vor denen man/frau stän­dig in Angst und Schre­cken leben muss. Am bes­ten man kommt über­haupt nicht mehr mit ande­ren Men­schen näher in Kon­takt, erst­recht nicht mit Orga­nen, die Hor­te der Unmo­ral und/oder gefähr­li­cher Viren sind. Dafür sind dann Schutz­fo­li­en nütz­lich, mit denen man wenigs­tens so tun kann als ob. ((Die­se absur­den neo­vik­to­ria­ni­schen Vor­rich­tun­gen nen­nen sich Den­tal Dam. Es ist völ­lig unklar, wie die Mensch­heit Hun­dert­tau­send Jah­re ohne Den­tal Dams über­ste­hen konn­te.)) Noch bes­ser ist es aller­dings ganz auf geschlecht­li­che Akti­vi­tä­ten zu ver­zich­ten, die sind sowie­so über­be­wer­tet und haben in der neu­en zöli­ba­tä­ren Gesell­schaft kei­nen Platz mehr. ((http://www.heise.de/tp/blogs/3/153417)) Zur fleisch­lo­sen und spaß­be­frei­ten Veg­gi­e­day-Com­mu­ni­ty pas­sen auch fleisch­li­che Gelüs­te der ande­ren Art nur schlecht. Der Sexu­al­akt als has­sens­wer­ter Teil der Rape-Cul­tu­re. Das ist so ein­leuch­tend, dass wir Pro­sti­tu­ti­on gleich mit ver­bie­ten. Por­no­gra­fie sowie­so. Selbst nack­te Kin­der am Strand gera­ten in den Ruch des Unmo­ra­li­schen, sind sie doch – ein­fach durch ihre blo­ße Exis­tenz – opti­sche Vor­la­ge für Pädo­phi­le. ((Sehr lesens­wert dazu der Text "Kin­der sind Por­nos" von Erik Möl­ler)) Für die wie­der­um wünscht man sich eine Art poli­tisch-kor­rek­tes Eutha­na­sie-Pro­gramm, mit dem man sie mög­lichst bald aus der sau­be­ren Ari­el-Welt ent­sor­gen kann. Kein Mensch ist ille­gal. Ach ja. Genau wie Homo­se­xu­el­le, die in nicht weni­gen Län­dern mitt­ler­wei­le wie­der mit Gefäng­nis oder gar der Todes­stra­fe rech­nen müs­sen. Da waren wir vor 300 Jah­ren schon mal.

Über uns rollt eine Orgie der Ver­bo­te oder zumin­dest Gebo­te hin­weg. Und da wo es noch kei­ne gibt, kom­men sie auf uns zu. Es ist zu ver­bie­ten, wenn männ­li­che Musi­ker auf der Büh­ne ihr T‑Shirt aus­zie­hen. Weil Frau­en das ja auch nicht dür­fen. ((http://maedchenmannschaft.net/warum-es-hin-und-wieder-solidarisch-ist-das-t-shirt-einfach-mal-anzulassen/)) Es ist je nach Land ver­bo­ten, Kopf­tü­cher zu tra­gen oder nicht zu tra­gen, sich auf der Stra­ße zu küs­sen oder Hand in Hand zu gehen oder nackt durch einen Wald zu jog­gen. ((http://www.rp-online.de/panorama/leute/nackt-joggen-bleibt-verboten-aid‑1.2066312)) Auf öffent­li­chen Plät­zen Alko­hol zu trin­ken ist ent­we­der schon ver­bo­ten oder soll­te mög­lichst bald ver­bo­ten wer­den. Kil­ler­spie­le, Paint­ball, Glüh­bir­nen, Tanz­ver­an­stal­tun­gen an christ­li­chen Fei­er­ta­gen, Pop­corn in Kinos, Trö­del­märk­te zu Ostern, Auf­sichts­rä­te ohne Frau­en und immer so fort. Die Fra­ge ist nicht, was ver­bo­ten, son­dern was über­haupt noch erlaubt ist.

Im Gegen­satz zu frü­he­ren Zei­ten, wo man Men­schen mit Pho­bien, Berüh­rungs­ängs­ten und emo­tio­na­len Hem­mun­gen als behand­lungs­be­dürf­tig ansah, ist heu­te im Grun­de jeder ein Fall für die Klap­se und die lau­tes­ten Behand­lungs­be­dürf­ti­gen zwin­gen der gan­zen Gesell­schaft ihren Wahn als neue Norm auf, an die sich alle anpas­sen müs­sen. Wer das nicht will und auf­müp­fig gegen die neue Sach­lich­keit, die neue Gleich­be­rech­ti­gung, den neu­en Kampf gegen jeg­li­che Dis­kri­mi­nie­rung, gegen die Befrei­ung der Frau vom Joch des Patri­ar­chats und ein paar Dut­zend mehr neue Regeln einer neu­en Zeit rebel­liert, läuft Gefahr von den Seg­nun­gen der Moder­ne aus­ge­schlos­sen, umer­zo­gen und bestraft zu wer­den. Auch das fin­den im Grun­de alle supi, irgend­was mit Frei­heit kann man sich ja immer noch als Aben­teu­er­se­rie im TV-Vor­abend­pro­gramm anse­hen. Wir wäh­nen uns in einer libe­ra­len und auf­ge­klär­ten Gesell­schaft und schrei­en jeder­zeit 'Hier!', wenn es dar­um geht, sich die nächs­te neue Zwangs­ja­cke über­zu­strei­fen. Tugend­ter­ror und ideo­lo­gisch moti­vier­te Wahn­ideen jeder Art haben sich dabei längst das Män­tel­chen von Tole­ranz, Men­schen­lie­be und Ver­nunft umge­hängt. Wir wol­len doch alle nur das Bes­te für dich.

Zur erwähn­ten She­riff-App kom­men­tiert daher ein in vor­aus­ei­len­dem Gehor­sam beflis­se­ner Bür­ger ganz rich­tig und nach­voll­zieh­bar: Also ich fin­de das gut. Bür­ger, die sich nichts zu schul­den kom­men las­sen, müs­sen ja auch nichts zu befürch­ten haben. ((http://www.metronaut.de/2013/10/ekelhaft-die-denunzianten-app-strassensheriff/#comment-107349)) Die glei­che Argu­men­ta­ti­on hören wir tag­ein und tag­aus, wenn es um die Ent­hül­lun­gen zum größ­ten Über­wa­chungs­skan­dal aller Zei­ten geht, bei dem nach und nach klar wird, dass unser aller Pri­vat­le­ben nur noch Maku­la­tur ist und im Diens­te von Sicher­heit, Demo­kra­tie und Rechts­staat geop­fert wur­de. In der Ober­leh­rer-Gesell­schaft ist es kein Widerpruch, im glei­chen Atem­zug die Sta­si ganz schlimm und die DDR einen Unrechts­staat zu nen­nen. NSA & Co. sind ja nur zu unse­rem Bes­ten unter­wegs und ver­tei­di­gen Frie­den, Frei­heit und Wohl­stand — gegen, na ja egal, gegen irgend­wen halt. 1984 nicht mehr als dro­hen­de Dys­to­pie, die unbe­dingt ver­hin­dert wer­den muss, son­dern als all­täg­li­che Rea­li­tät, an die man sich gewöhnt und die man eigent­lich sogar ganz gut fin­det. Sanft­mü­tig wie Läm­mer, die man zum Bol­zen­schuss­ge­rät führt, um sie anschlie­ßend an einen Haken zu hän­gen und aus­zu­wei­den, machen wir uns den größ­ten Bull­shit zu eigen, ohne dar­über nach­zu­den­ken oder gar dage­gen auf­zu­be­geh­ren. Immer bemüht, ja nicht auf­zu­fal­len, noch dazu zu gehö­ren, nicht die Repu­ta­ti­on zu ver­lie­ren oder die mate­ri­el­le Lebens­grund­la­ge. Und selbst auf dem Weg zum Scha­fott stren­gen wir uns noch an, wenigs­tens unse­ren Mit­bür­ger und Nach­barn noch ein klein wenig schlim­mer aus­se­hen zu las­sen. Die bekann­te Hoff­nung des Denun­zi­an­ten, damit den eige­nen Arsch ret­ten zu kön­nen. Meis­tens eine ver­geb­li­che Hoffnung.

Man könn­te belie­big die Bei­spie­le für eine Ent­wick­lung fort­set­zen, die man nur noch mit Wor­ten wie Angst, Grau­en und Ter­ror beschrei­ben kann. Und doch ist eine gan­ze Gesell­schaft in selt­sa­mer Über­ein­kunft dabei, sich frei­wil­lig und ohne Wider­stän­de in die­ses Grau­en hin­ein­füh­ren zu las­sen. Es sind nicht mehr nur die poli­ti­schen Macht­eli­ten, die ihre Stel­lung aus­nut­zen, um den Rest übers Ohr zu hau­en und zu ver­skla­ven. Die Ver­skla­vung fin­det längst in unse­ren eige­nen Köp­fen statt und wird von den meis­ten Zeit­ge­nos­sen begrüßt, hin­ge­nom­men, über­se­hen, still­schwei­gend akzep­tiert. Es ist besorg­nis­er­re­gend, die­se Ten­den­zen welt­weit zu beob­ach­ten. Gan­ze Kul­tu­ren rut­schen in einem atem­be­rau­ben­den Tem­po in ein rechts­kon­ser­va­ti­ves Tugend­ter­ror-Nir­wa­na, hin zu einem Tota­li­ta­ris­mus, den man längst nicht mehr nur poli­tisch fas­sen kann, son­dern der in unser aller Fleisch und Blut über­geht, ohne dass wir das irgend­wie zu bemer­ken schei­nen. Beängs­ti­gend sind nicht mehr nur poli­ti­sche Akteu­re oder Struk­tu­ren – beängs­ti­gend ist unse­re eige­ne Geisteshaltung.

Natür­lich habe ich nichts zu ver­ber­gen. Ich gehö­re zu den Guten, Bra­ven und Staats­treu­en. Wenn ihr jeman­den abho­len wollt, dann bit­te ver­schont mich und nehmt mei­nen Nach­barn. Der ist mir schon immer auf­ge­fal­len und war anders als die ande­ren. Wenn ihr in euren gespei­cher­ten Daten nach­seht, wer­det ihr das schnell bemer­ken. Er/Sie ja, ich nicht.

Auf einem schreck­lich fas­zi­nie­ren­den Hor­ror-Trip schät­zen wir unse­re letz­ten Frei­hei­ten gering und sind begie­rig dar­auf, sie selbst zu demon­tie­ren. Hin­ter der nächs­ten his­to­ri­schen Ecke war­ten die Umer­zie­hungs­la­ger und die auto­ma­ti­sier­ten Droh­nen und intel­li­gen­ten Kampfro­bo­ter, die jeden eli­mi­nie­ren, der nicht ins Sche­ma passt. Aber wir lie­ben nicht mehr die Frei­heit, son­dern freun­den uns mit den Gat­tern an, in die wir gepfercht und ange­ket­tet sind. Von Fried­rich II. ist der Satz über­lie­fert „Jeder soll nach sei­ner Façon selig wer­den“. Ich hät­te nie gedacht mal in einer Zeit zu leben, in der das her­ab­las­sen­de Salon-Mot­to eines stock­stei­fen Preu­ßen wie die Ver­hei­ßung des Him­mel­reichs klingt.

 


Gesellschaft
Diskriminierung, Geheimdienste, Macht, Kultur, Freiheit, Staat

Post navigation

PREVIOUS
Störenfried Bürger
NEXT
Wer hat uns verraten ...

6 thoughts on “Die Oberlehrer-Gesellschaft”

  1. Heidrun sagt:
    18. November 2013 um 17:32 Uhr

    Ich fal­le vom Glau­ben an die Mensch­heit ab. Zu min­des­tens an die eine Hälf­te. Heu­te habe ich geschrie­ben, kein nor­ma­ler Mann wür­de jemals das Wort "supi" ver­wen­den ... Das ist nicht fair, weißt du.
    Nackt jog­gen übri­gens auch nicht. Ver­such das mal mit Brüs­ten. Echt doof. Ande­rer­seits — seit wann ist das Leben fair?

    Antworten
  2. Inge sagt:
    9. Dezember 2013 um 07:43 Uhr

    Hal­lo Frank,

    ver­ste­he ich Dich falsch, oder pro­pa­gierst Du in Dei­nem Bei­trag genau den Ego­is­mus, der die von Dir geschmäh­ten Regu­la­ri­en erst not­wen­dig macht? Ich geste­he, auch ich gehö­re zu den­je­ni­gen, die sich nicht von einer roten Lam­pe das Über­que­ren der Stra­ße ver­bie­ten las­sen, wenn das ohne Gefahr für irgend­je­man­den mög­lich ist. Ande­rer­seits bedeu­ten die Ein­schrän­kun­gen für Rau­cher für mich als Nicht­rau­cher einen Zuge­winn an Lebens­qua­li­tät, und die Benut­zung von Schutz­fo­li­en beim Sex ist für mich als Frau im gebär­fä­hi­gen Alter die bes­te Alter­na­ti­ve zu einem Leben in einem durch täg­li­che Hor­mon­ga­be fremd­be­stimm­ten Körper.

    Für mich bedeu­tet Frei­heit in einer Gesell­schaft sowas wie der kate­go­ri­sche Impe­ra­tiv des alten Kant. Lei­der ist der ziem­lich aus der Mode gekom­men und muss durch irgend­was ande­res ersetzt wer­den – wenn alles ande­re nicht mehr hilft, eben durch Ängste...

    Grü­ße
    Inge

    P.S. Viel­leicht ist Dein Blog ja auch als Sati­re in bei­de Rich­tun­gen gemeint – lei­der läuft man auch bei dir Gefahr, ihn für ernst gemeint zu halten.

    Antworten
  3. Frank11 sagt:
    9. Dezember 2013 um 09:20 Uhr

    Dan­ke Inge für dei­nen Kom­men­tar. Nun zum einen ist so gut wie jeder Arti­kel in die­sem Blog ein unein­ge­schränk­tes Plä­doy­er für die Frei­heit des Men­schen. Iro­nie, Sar­kas­mus, ja ein Schuß Zynis­mus, sind tat­säch­lich die Werk­zeu­ge, mit denen ich arbei­te. Auch ein biss­chen als Selbst­schutz, um ange­sichts der Ent­wick­lun­gen nicht wahn­sin­nig zu werden.
    Ich gebe dir gern Recht, dass Frei­heit auch immer Selbst­ver­ant­wor­tung impli­ziert. Etwas, dass gern und beque­m­er­wei­se ver­ges­sen wird. Aber nur, weil es Men­schen heut­zu­ta­ge offen­bar schwie­ri­ger gelingt, selbst­ver­ant­wort­lich zu han­deln, muss man tota­li­tä­ren Ent­wick­lun­gen nicht den Vor­zug geben.
    Frei­heit hat jedoch immer auch mit Grenz­ver­let­zung zu tun, weil ich auch dem ande­ren die Frei­heit ein­räu­men muss, die ich selbst schät­ze. Das ist nicht immer schön (wie bei den Nicht­rau­chern), aber immer noch bes­ser, als in einem Umer­zie­hungs­la­ger statt einer frei­en Gesell­schaft zu leben, in dem jeder auf ein kor­rek­tes Ver­hal­ten getrimmt wird. Woge­gen ich aller­dings abso­lut all­er­gisch reagie­re, ist jede Art von vik­to­ria­nisch-selbst­ge­rech­ter Tugend, die neu­er­dings im Gewand von Anti­dis­kri­mi­nie­rungs­ideo­lo­gien auf­tritt, aber genau die­sel­be ver­quas­te Moral­schei­ße dar­stellt, wie sie in ver­gan­ge­nen Jahr­hun­der­ten die Reli­gio­nen einforderten.

    Antworten
  4. Inge sagt:
    9. Dezember 2013 um 20:54 Uhr

    Hal­lo Frank,

    ver­mut­lich sind wir einer Mei­nung, was Tota­li­ta­ris­mus und Selbst­ge­rech­tig­keit betrifft, aber es macht mir Angst, wenn jemand zu laut nach Frei­heit schreit. Weil in unse­rer über­be­völ­ker­ten Welt die Frei­heit des einen ganz schnell eine Ein­schrän­kung der Frei­heit der ande­ren ist. Weil die meis­ten Men­schen nicht wil­lens und/oder in der Lage sind, ihre Frei­heit ver­ant­wor­tungs­voll zu leben. Und weil das Ver­spre­chen, Frei­heit zu brin­gen, all­zu oft in Cha­os endet. Das Leben kann nicht funk­tio­nie­ren ohne (manch­mal stren­ge) Regeln. Lei­der wer­den die, die der­zeit die Regeln machen und durch­set­zen, in den sel­tens­ten Fäl­len von Ver­nunft und Weit­sicht geleitet...

    Antworten
  5. LoMi sagt:
    10. Januar 2014 um 14:15 Uhr

    Ich fin­de Dei­nen Text sehr gelun­gen und das dar­in benann­te Pro­blem auch sehr real. 

    Ich stim­me @Inge auch nur begrenzt zu. Kor­rekt, jede Gesell­schaft braucht Regeln und sie ent­wi­ckelt auch wel­che. Für gewöhn­lich macht sie das, ohne gleich Juris­ten zu bemü­hen. Wir alle wer­den in die­sen Regeln sozialisiert. 

    Ver­gleicht man unse­re Gegen­warts­ge­sell­schaft, so ist sie rela­tiv fried­lich und zivil (Wer es nicht glaubt, schaue sich die Geschich­te der Gewalt an). Es gab ande­re Zei­ten mit sehr viel rau­he­ren Sit­ten. Aber in Zei­ten des geord­ne­ten Lebens steigt wohl auch die Emp­find­lich­keit gegen schon klei­ne Ver­stö­ße. Die­se wer­den dann schnell skan­da­li­siert als ver­meint­lich unge­heu­re Pro­ble­me, die der Staat zu lösen habe. 

    Die Gefahr bei staat­li­chen Regu­lie­run­gen ist lei­der, dass die­ser die Kri­mi­na­li­sie­rung von Abwei­chun­gen folgt. Und das ist gefähr­lich. Ich möch­te kei­ne Tugend-DDR. Mir hat die ande­re real exis­tie­ren­de DDR gereicht, vor allem die weit­rei­chen­de Macht selbst klei­ner Schul­di­rek­to­ren, staat­li­che Kräf­te gegen Leu­te jen­seits irgend­wel­cher Nor­men zu mobilisieren. 

    Schließ­lich besteht immer die Gefahr, dass sol­che Macht­mit­tel miss­braucht wer­den. Die­se Gefahr ist real, weil es die Ver­su­che des Miss­brau­ches längst gibt (man den­ke an die Maut-Über­wa­chungs­sys­te­me und die Lust eini­ger Poli­ti­ker, sie zu ande­ren Zwe­cken zu nutzen).

    Antworten
  6. Nansy sagt:
    24. Februar 2014 um 11:01 Uhr

    Ein wich­ti­ger Bei­trag zu einem The­ma, dass uns mehr beschäf­ti­gen soll­te — staat­li­che Regu­lie­rungs­wut in Ver­bin­dung mit dem zuneh­men­den Wunsch der Bür­ger nach tota­ler Sicher­heit, unter "frei­wil­li­ger" Auf­ga­be per­sön­li­cher Freiheiten!
    Lesen­wer­te Arti­kel dazu gibt es auch auf Novo Argumente:
    "Bio­po­li­tik: Wenn dein Bauch nicht mehr dir gehört"
    oder bei "Ruhr­ba­ro­ne":
    "Der Prä­ven­tiv­staat kennt kei­ne natür­li­che Begrenzung"

    Antworten

Schreibe einen Kommentar Antworten abbrechen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Themen

  • Regionales
  • Gesellschaft
  • Jena
  • Kommunalpolitik
  • Piraten
  • Persönliches
  • Fotos

Aktuelle Beiträge

  • Die Wortemacher des Krieges
  • Schweigen und weggehen
  • Portes mallorquines
  • Auf Wiedersehen, Twitter.
  • Sagen was ist

Letzte Kommentare

  • Søren Peter Cortsen bei Warum ich keine deutschen Filme mag
  • Frank11 bei Die Piratenpartei als temporäre autonome Zone
  • Mik Ehyba bei Die Piratenpartei als temporäre autonome Zone
  • Sascha bei Schweigen und weggehen
  • Juri Nello bei Schweigen und weggehen

Beitragsarchiv

RSS Feed

Beitragsarchiv

Suchen

Themen

  • Regionales (6)
  • Gesellschaft (74)
  • Jena (45)
  • Kommunalpolitik (40)
  • Piraten (31)
  • Persönliches (15)
  • Fotos (2)

Infos

  • Kontakt
  • Urheberrecht
  • Datenschutz
  • Impressum
© 2023   by Frank Cebulla