Die Harry-Lauer-Show
Sich auf die offizielle Mailingliste der PIRATEN Thüringen zu verirren, ist ungefähr so, als ob man in einer Großstadt nichtsahnend ein öffentliches Pissoir betritt und in einem Haufen Scheiße ausrutscht. Derjenige, der für die Scheißhaufen verantwortlich ist, heißt Harald Peters, liebevoll Harry genannt. Er ist der Troll der Thüringer Piraten und das schon seit mehreren Jahren, ihr Alptraum, ihre andauernde Toleranzübung, ihr Hass- und Liebesobjekt zugleich. Immer dann, wenn die Mailingliste moderiert wurde, verwarnte und sperrte man ihn für unterschiedlich lange Zeiträume oder warf ihn ganz von der Liste. Aber sobald die Sperrzeit abgelaufen oder die Mailingliste — durch Parteitagsbeschluss — wieder unmoderiert war — erschien auch Harry und stürzte alles erneut ins Chaos. Während langjährige und ernsthaft politisch arbeitende Mitglieder des Landesverbandes ihr Listen-Abo kündigten, die Mailingliste verließen oder sie fortan ignorierten, war Harry die Konstante, die blieb.
Harry ist ausgesprochen intelligent. Er ist belesen, kennt sich in Politik, Psychologie und Soziologie aus, kann sich rhetorisch beeindruckend ausdrücken und weiß polemisch ordentlich auszuteilen. Dieses Austeilen entgleist regelmäßig in persönliche Anfeindungen, gezielte Provokationen, Beleidigungen und Hasstiraden. Sein Hobby ist es, jemanden so lange bis aufs Blut zu piesacken, bis derjenige austickt. Klar, er ist ja der Troll der Liste. Das ist sein Ding.
Obwohl die Situation auf einem Hauptkommunikationsmedium des Landesverbandes so evident krass ist, sind die Piraten weit davon entfernt, das Problem zu lösen. Das liegt vor allem daran, dass Piraten gute Menschen sein wollen. Jeder weiß, dass jemand wie Harry ein schwerwiegendes psychisches Problem hat. Aber statt zu sagen: he, der Typ hat einen gewaltig an der Klatsche und ist behandlungsbedürftig und anschließend eine Dauersperre auf der Liste einzurichten, passiert das genaue Gegenteil. Man sitzt wie das Kaninchen vor der Schlange, gelähmt und beeindruckt zugleich, mit offener Kinnlade und schmerzverzerrtem Gesicht, aber völlig unfähig zu handeln. Schuld daran ist die Toleranz, wahlweise die Meinungsfreiheit, auch die Inklusion, die Gleichberechtigung von wie auch immer Eingeschränkten oder wie man heute politisch korrekt sagt "Besonders Befähigten", die Menschenliebe, die utopische Gesellschaft, die Mitmach-Partei, die Basisdemokratie, die Teilhabe, der heilige politische Piratengeist oder was auch immer. Harry ist in der Tat besonders befähigt und er führt einen ganzen Landesverband an der Nase herum. Weil er es kann.
Szenenwechsel. Außerordentlicher Bundesparteitag der Piratenpartei in Halle. Nach dem Rücktritt eines Teils des alten Vorstands und dem für jeden offensichtlichen desolaten Zustand der gesamten Partei wird ein neuer Vorstand gewählt. Jeder weiß, wenn die Piraten es nicht endlich schaffen, aus ihrem Chaos herauszufinden und weiterhin nicht zeigen können, dass sie wissen, wohin sie gemeinsam als Partei wollen, werden sie endgültig in der Bedeutungslosigkeit verschwinden. Die bei den Vorstandswahlen erzielten Mehrheiten für gemäßigte Piraten einer bestimmten politischen Ausrichtung sind so klar wie Kloßbrühe. Weder sind sie knapp, noch kommen sie durch Stichwahlen zustande. Ganz im Gegenteil liegen sie über 60 %. Im normalen politischen Betrieb ist das mehr als nur ein Hinweis darauf, dass die Mehrheit hinter diesen Leuten steht und dem, was sie inhaltlich und in ihrer politischen Ausrichtung repräsentieren.
Doch kurz nach der Wahl des neuen Vorsitzenden (und des Schatzmeisters) betritt Christopher Lauer die Bühne und nutzt eine Pseudo-Kandidatenvorstellung dafür, den gerade erst gewählten Vorsitzenden von der Seite anzukacken. Für jeden erkennbar besteht sein Ziel nicht darin, im neuen Vorstand mitzuarbeiten oder den neuen Vorsitzenden nach Leibeskräften zu unterstützen, die Partei aus dem Jammertal herauszuführen. Sein Ziel ist es, so heftig zu trollen wie es nur geht. Er schmäht und beleidigt, er verdreht Tatsachen, er vergleicht Äpfel mit Birnen (die vermeintlichen Erfolge des Berliner LV gegenüber den Ergebnissen in Bayern), er provoziert ohne Ende und gefällt sich bei seinem wunderbar infantilen Egotrip. Frenetischen Beifall bekommt er nur von den Tischen des Berliner Landesverbandes. Der restliche Saal — von ein paar Buhrufen an einigen Stellen seiner Rede abgesehen — schweigt wie gelähmt. Twitter belehrt die Parteitagsteilnehmer sofort, dass diese Buhrufe nicht fair sind, wir hier einen brillanten Redner erleben, ein Polit-Talent, das man mögen muss. Die Piraten sind gute Menschen, aber oft auch graue unsichere Nerd-Mäuse, die fasziniert auf die Welt der Schlangen schauen und sich wünschen, sie wären auch so charismatisch und brachial wie diese. Hätte ein Christopher Lauer auf einem Bundesparteitag einer etablierten Partei eine Chance für so einen egomanischen Trollauftritt bekommen? Ein Auftritt, bei dem ein gerade erst mit großer Mehrheit gewählter Vorsitzender auf derart unterirdische Weise angegangen wird? Möglicherweise, aber seine politische Karriere wäre danach beendet gewesen. So einfach kann das sein.
Werden die extremen Linken, die sich jetzt die "Progressiven" nennen, demokratische Mehrheiten akzeptieren und ihre politische Niederlage anerkennen? Diese Frage ist nach Christopher Lauers Auftritt sinnlos. Sie ist genauso sinnlos, wie zu fragen, ab wann Harry sich ändern wird, um gemeinsam mit allen anderen politisch sinnvolle Arbeit zu leisten. Sie ist genauso sinnlos, wie Theaterschauspieler zu fragen, ob sie nicht lieber in die Putzkolonne wechseln wollen. Oder Selbstmordattentäter, ob es nicht besser wäre für ein Parlament zu kandidieren, anstatt sich mit 20 unschuldigen Menschen auf einem Marktplatz in die Luft zu sprengen. Diese Leute sind bei den Piraten, weil die Piraten sie dort lassen und ihnen die Bühne bieten, die sie benötigen. Und sie werden dort solange bleiben, wie diese Bühne existiert. Und solange es Kaninchen und Mäuse gibt.
Die Wahlergebnisse des Bundesparteitags lassen hoffen, dass das Ende der Piratenpartei noch nicht erreicht ist. Aber die Harry-Lauer-Show wird weitergehen. Solange bis die Piraten begreifen, dass sie sich mit ihrer politischen Korrektheit und ihren Bällebädern selber im Wege stehen. Eine Einladung an alle Kräfte, Flügel und Strömungen innerhalb der Partei, gemeinsam an einem Strang zu ziehen und die Partei endlich wieder aus dem Sumpf zu holen, ist prima. Aber die Mitgliederversammlung hat auch diejenigen nicht in Ämter gewählt, die es bei schöner Harmonierhetorik und Flausch-Appellen belassen wollen. Das ist eine interessante Botschaft an den neuen Bundesvorstand. Ich bin sehr gespannt, ob sie ankommt und was er daraus macht.
Schauen wir mal, es bleibt spannend.
Und um Mißverständnissen vorzubeugen:
Nein, in diesem Blogpost geht es nicht um "Schmidtlepp". Und nein, auch nicht darum, ihn mit Harry zu vergleichen oder zu behaupten, er hätte ein gravierendes psychisches Problem. Und eine Partei ist kein Käsekuchen, von dem man jedem, der gerade vorbeikommt ein Stück zum Verzehr anbieten muss, bis davon nichts mehr übrig ist.
4 thoughts on “Die Harry-Lauer-Show”
Es ist halt so schade, dass die anderen Piraten-Exponenten so blasse Technokraten sind. (Im besten Fall.) Ich wünschte mir, auf die gesamte NRW-Fraktion wäre so viel politischer Instinkt erteilt wie der Lauer im kleinen Finger hat. Mit der Nummer hat er sich schon wieder in nullkommanix in eine Win-Win-Sitation katapultiert: Der Exodus seiner Basis ist erst mal gestoppt, die komfortable Opferrolle ist ihm so oder nicht mehr zu nehmen und wenn er in drei vier Wochen findet, dass ihm Sekors Maßnahmen nicht passen, kommt die Anfechtung und mit etwas Pech in nem halben Jahr der nächste aBPT. Das Beste wär noch, die PolGF Wahl mit Lauer zu wiederholen, dann holt er sich seine Klatsche und muss immerhin nen anderen Anfechtungsgrund suchen.
Manchmal ist man selber ein Troll, wenn man Andersdenkende als Trolle bezeichnet. Trolle sind wichtig, denn sie zeigen (oft auf nervige Art) Probleme auf..
Zur Not kann man sich auf einer ML selber moderieren (Spameinstellungen)
Was den Lauer angeht, er hat Recht, wenn er sagt, der Berlinerfolg 2011 wurde innerparteilich nicht verarbeitet. Die Partei ist seitdem eine Bundespartei und keine Berlinpartei mehr.
Habe mir die Lauer-Nummer auf Youtube angesehen. Überall anderswo hätte man den Kerl nach den ersten Sätzen einfach rausgeschmissen.
Solange so etwas nicht passiert, wird es auch mit den Piraten nicht weitergehen. Ich habe jede Hoffnung aufgegeben.
Lauer ist ein Opportunist und machtgeil. Er blockiert jeden , der ihn kritisiert- ist nicht diskursfähig, fängt bei Kritik zu weinen an. Politiker müssen taff sein und sich auch dem Mob stellen können. Andere beleidigen, Trittbrettfshren, Austeilen, das können in sozialen Mefien die Dümmsten. Lauer steht durch seine Blovkiererei als unfähiger , nicht wählbarer narzisstischer Boheme an der Wand. Man jumpt nicht ohne Gewissen von Partei zu Partei, wälzt alles nieder , nur um ein Pöstchen zu bekommen. Was ist da als Kind schiefgelaufen?
Spekulieren könnte man hier in alle Richtungen.