
Ein trauriger Kampf
Das Thema Pennickental in der Sitzung des Stadtentwicklungsausschusses vom 11.12.2014
In der gestrigen Sitzung des Stadtentwicklungsausschusses war es endlich soweit. Die "rückhaltlose Aufklärung", die im Zusammenhang mit dem grundhaften Ausbau der Straße im Pennickental versprochen wurde, lag in Gestalt einer Berichtsvorlage vor und wurde von Herrn Sauer als Vertreter der Verwaltung präsentiert.
Dies ist erst meine zweite Sitzung als sachkundiger Bürger im Ausschuss. Die Vorgänge in Wöllnitz habe ich in den letzten Jahren lediglich über die Presse verfolgt; ich kann daher nichts Sachdienliches zur Aufklärung beitragen. Ich höre jedoch aufmerksam zu und nehme meine Empfindungen dazu wahr. Es geht damit los, dass der Vertreter der Stadtverwaltung erklärt, dass die Einstufung von Straßen in Jena nicht einfach so passiert, sondern auf der Basis genauer Verkehrszählungen. Dazu zeigt er ein Bild, auf dem man etwas von Amselweg und Bibliotheksweg lesen kann — von der Straße im Pennickental jedoch nichts. Offensichtlich macht es einen Unterschied, ob eine Straße als Anliegerstraße oder als Verbindungsstraße eingestuft wird. Das Pennickental ist als Verbindungsstraße eingestuft. Was sie verbindet und warum diese Einstufung? Keine Erklärung.
Nach § 13 Thüringer Kommunalabgabengesetz müssen die betroffenen Bürger VOR Beginn der Maßnahme informiert werden. Im Abs. 2 heißt es ziemlich unmissverständlich:
"Zugleich sind die Beitragspflichtigen darauf hinzuweisen, dass sie in die Satzung sowie in die Planungsunterlagen, die den Ausschreibungen zu Grunde gelegt werden sollen, Einblick nehmen und während der Zeit der Einsichtnahme Anregungen vorbringen können."
Stattdessen begann die Ausschreibung der Baumaßnahme bereits drei Wochen vor dem ersten Informationsschreiben an die Wöllnitzer Bürger. Im Gesetz steht "die den Ausschreibungen zu Grunde gelegt werden sollen", eine Formulierung, die klar und deutlich zeigt, dass zuerst informiert und dann ausgeschrieben werden muss. Der offensichtliche Fehler der Stadtverwaltung wird im Bericht weitschweifig erklärt und behauptet, es wäre genauso gut andersherum richtig gewesen — im Falle von Einwänden hätte man ja die Ausschreibung jederzeit stoppen können. Die Logik ist absurd. Sie erinnert mich an einen Dieb, der erwischt und auf seine Verfehlung angesprochen wird und mit der Behauptung seinen Kopf aus der Schlinge zieht, er hätte ja gar nicht stehlen müssen. Der Petitionsausschuss des Thüringer Landtags sah das genauso, die Stadt Jena bleibt dagegen wenig einsichtig.
Wir werden belehrt, dass egal bei welchen formalen oder gesetzlichen Details Fehler gemacht wurden, diese "sanktionslose Obliegenheiten" sind. In einem Deutsch, das auch ein Normalbürger versteht, heißt das lediglich, dass trotz der Fehler gezahlt werden muss. Konsequenzen gibt es keine. So geht es munter weiter. Obwohl die Ausbaukosten gewaltig nach unten korrigiert wurden, werden 50 % der betroffenen Anlieger mehr bezahlen müssen als in früheren Berechnungen. Warum? Keine Erklärung. Ist die Bachverrohrung nun herausgerechnet oder nicht? Es gibt keine wirkliche Klarheit darüber. Wie wurden Versorger wie die Stadtwerke oder JenaWasser beteiligt? Im Bericht steht dazu nichts. Herr Sauer äußert dann doch noch einen interessanten Satz zu JenaWasser: "Es war eine Unverschämtheit, was uns in Rechnung gestellt wurde." Man musste "hart verhandeln", um die Leute des Wasser-Zweckverbandes zur Räson zu bringen. Wie kam es zu diesen offenbar völlig überhöhten Forderungen des Zweckverbandes? Keine Erklärung. Wer trägt dort dafür die Verantwortung? Nichts dazu zu sagen. Stellvertretende Verbandsvorsitzende von JenaWasser sind die in Jena nicht ganz unbekannten Herren Weiler (CDU) und Blumentritt (SPD). Haben die vielleicht was dazu zu sagen? Oder wollen sie die Verantwortung für die versuchte Abzocke der Bürger persönlich übernehmen und ihren Rücktritt erklären? Da wird man sicher lange drauf warten können.
Es spricht dann noch Herr Mäs von der Bürgerinitiative Pennickental und die Ortsteilbürgermeisterin Frau Meier. Herr Mäs weist nach, dass vieles an dem "rückhaltlosen" Bericht falsch ist und so nicht stimmen kann. Er vermisst eine Entschuldigung der Stadtverwaltung für die gemachten Fehler. Ich vermisse die auch, das Wort Entschuldigung kommt in der Berichtsvorlage nicht vor, umso mehr Rechtfertigungsversuche und Herumgeeiere, warum alles so und nicht anders war. Frau Meier stellt die Frage, wann denn in der Vergangenheit Wartungs- und Instandsetzungsmaßnahmen im Pennickental (wie im Bericht behauptet) stattgefunden haben sollen. Es gibt keine Reaktion auf diese Frage, erstrecht keine Antwort. Es muss deprimierend sein, als gewählte Ortsteilbürgermeisterin in ein Vakuum hinein zu reden. Mich deprimiert es auch. Rückhaltlose Aufklärung sieht anders aus.
Zum Schluss bleibt in mir eine große Traurigkeit zurück. Da investieren Bürger wertvolle Jahre ihres Lebens, um gegen die Windmühlenflügel einer Verwaltung zu kämpfen, die sich lediglich in einer Verteidigungsposition sieht, nicht aber als Dienstleister für die Belange der Bürger. Es ist offensichtlich, dass man dabei die Frage nach der — auch politischen — Verantwortung für die gemachten Fehler vermeidet. Als Ergebnis dieser Vermeidungsstrategie bleibt eine große Enttäuschung und das — in meinen Augen völlig berechtigte — Mißtrauen der Bürger gegenüber Verwaltung und Politik zurück. Ein sehr schwerer Klotz, der in den kommenden Jahren der Stadt noch schmerzhaft anhängen wird.
Mir wird auch bewusst, wie wichtig Transparenz in solchen Verfahren ist. Die Partei, der ich angehöre, fordert immer wieder Transparenz ein, wohlwissend, dass ein solches Schlagwort oft nur als abstrakter Begriff ohne Inhalt wahrgenommen wird. An der Causa Pennickental wird jedoch deutlich, wie wichtig umfassende Transparenz des Verwaltungshandelns ist. Dabei ist nichts abstrakt, sondern es geht ganz konkret um Unterlagen, Berechnungsmodelle, Briefwechsel, Verwaltungsentscheidungen, Gutachten, Kostenschätzungen und reale Kosten. Wo können die Wöllnitzer das nachlesen und nachvollziehen?
Der Stadtentwicklungsdezernent dankt zum Schluss dem Verwaltungsmitarbeiter, dass "er sich die Mühe gemacht hat", diesen Bericht zusammenzustellen. In mir bleibt der schale Geschmack zurück, dass das wohl das Mindeste ist, was man erwarten durfte.
Ich möchte mich lieber bei den engagierten Bürgern der Bürgerinitiative Pennickental und dem Ortsteilrat bedanken, deren sicher kräfte- und nervenzehrendes Engagement hoffentlich zu einem Umdenken in der Stadt beiträgt, was Bürgerbeteiligung und ‑mitbestimmung, Transparenz und verantwortungsbewusstes Handeln angeht. Wie der gestrige Ausschussabend gezeigt hat, scheint es jedoch bis dahin noch ein weiter Weg zu sein.