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Provokativ • Politisch • Persönlich

Nicht links, nicht rechts

Nicht links, nicht rechts

9. Januar 2014 Comments 32 comments
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Es muss irgend­wann 2008 gewe­sen sein, als ich mich für die Pira­ten zu inter­es­sie­ren begann. Damals fiel mir ins­be­son­de­re die — zu die­ser Zeit noch völ­lig unstrit­ti­ge — Pira­ten­lo­sung "Wir sind nicht links oder rechts, son­dern vorn!" auf. Mir schien da eine Bür­ger­rechts­be­we­gung in Gestalt einer Anti-Par­tei­en-Par­tei her­an­zu­wach­sen, die etwas völ­lig Neu­es ver­su­chen woll­te. Als über­zeug­ter Nicht­wäh­ler fühl­te ich mich von der Poli­tik der eta­blier­ten Par­tei­en zutiefst abge­stos­sen und sah die Demo­kra­tie auf einem Ast sit­zen, an dem kor­rup­te Poli­ti­ker, Lob­by­is­ten, Über­wa­chungs­fa­na­ti­ker und mono­po­li­sier­te Unter­neh­men bestän­dig sägen. Ich glau­be, mei­ne Hoff­nung, dass mit den Pira­ten eine Kraft auf der poli­ti­schen Büh­ne erschie­nen war, die das bestehen­de Sys­tem kon­se­quent hin­ter­fra­gen und von innen her­aus angrei­fen und ver­än­dern woll­te, wur­de von vie­len Men­schen in die­sem Land geteilt. Die Par­tei wuchs rasant und ich selbst trat ein Jahr spä­ter ein und enga­gier­te mich ab die­ser Zeit aktiv in mei­nem Kreis- und Lan­des­ver­band. Die Umfra­ge­wer­te und Wahl­er­geb­nis­se waren bom­bas­tisch, die Pira­ten zogen in kur­zer Zeit in vier Lan­des­par­la­men­te ein. 

Heu­te, fünf Jah­re spä­ter, hat sich viel ver­än­dert. Ich glau­be, es war Mari­na Weis­band gewe­sen, die ein­mal öffent­lich gesagt hat, dass wir zwar auch ein Pro­gramm haben, aber vor allem ein neu­es Betriebs­sys­tem wol­len. Zu Beginn des Jah­res 2014 arbei­ten Pira­ten im gan­zen Land an die­sem neu­en Betriebs­sys­tem. Vie­le tau­send Par­tei­mit­glie­der sind z. B. dabei, die anste­hen­den Kom­mu­nal­wah­len in eini­gen Bun­des­län­dern vor­zu­be­rei­ten, Kan­di­da­ten­lis­ten auf­zu­stel­len, sich in die Kom­mu­nal­po­li­tik ihrer Städ­te und Gemein­den ein­zu­ar­bei­ten und lokal und regio­nal für mehr Trans­pa­renz, Bür­ger­rech­te und direk­te Demo­kra­tie zu kämp­fen. In mei­ner Stadt trifft man über­all in der Kom­mu­nal­po­li­tik auf Pira­ten — im Bür­ger­haus­halt, im Arbeits­kreis Nah­ver­kehr, in Bür­ger­initia­ti­ven wie "Mein Eich­platz" oder "Unser Jena", auf den Gäs­te­plät­zen des Stadt­ra­tes genau­so wie in öffent­li­chen Aus­schuss­sit­zun­gen oder bei Bür­ger­be­geh­ren, Bür­ger­an­fra­gen oder Einwohneranträgen.

Im kras­sen Gegen­satz dazu ist unse­re öffent­li­che Außen­wir­kung jedoch seit gerau­mer Zeit eine völ­lig ande­re. Nicht nur, dass wir den Ein­zug in den Bun­des­tag ver­fehlt haben, auch unse­re Umfra­ge­wer­te sind nun bestän­dig im Kel­ler ange­sie­delt. Bei Wahl­pro­gno­sen — bei­spiels­wei­se für die die­ses Jahr anste­hen­de Land­tags­wahl in Thü­rin­gen — tau­chen wir schon gar nicht mehr auf. Die flei­ßi­ge Arbeit der vie­len — in mei­ner Wahr­neh­mung häu­fig mit eher libe­ra­len oder sozi­al­li­be­ra­len Über­zeu­gun­gen aus­ge­stat­te­ten — Pira­ten-Idea­lis­ten wird nicht (mehr) wahr­ge­nom­men. Die Hoff­nung der Bür­ger hat sich von uns abge­wen­det. Wor­an liegt das?

Auf Twit­ter muss­te ich neu­lich fol­gen­den Tweet lesen:

"Wann ver­pisst sich eigent­lich die­ses rech­te Drecks­pack wel­che immer sagen weder l noch r aus die­ser Par­tei. Lest unser Grund­satz­pro­gramm." [1]

Ok, neh­me ich also die­se net­te Auf­for­de­rung wört­lich und lese mal wie­der das Grund­satz­pro­gramm. Hier fal­len mir vor allem fol­gen­de Sät­ze auf:

"Die Pira­ten­par­tei will sich auf die im Pro­gramm genann­ten The­men kon­zen­trie­ren, da wir nur so die Mög­lich­keit sehen, die­se wich­ti­gen For­de­run­gen in Zukunft durch­zu­set­zen. Gleich­zei­tig glau­ben wir, dass die­se The­men für Bür­ger aus dem gesam­ten tra­di­tio­nel­len poli­ti­schen Spek­trum unter­stüt­zens­wert sind, und dass eine Posi­tio­nie­rung in die­sem Spek­trum uns in unse­rem gemein­sa­men Stre­ben nach Wah­rung der Pri­vat­sphä­re und Frei­heit für Wis­sen und Kul­tur hin­der­lich sein wür­de." (Her­vor­he­bung von mir)

"Wir Pira­ten stre­ben eine mög­lichst hohe demo­kra­ti­sche Gleich­be­rech­ti­gung aller Men­schen an. Des­we­gen ist es Ziel der Pira­ten­par­tei, die direk­ten und indi­rek­ten demo­kra­ti­schen Mit­be­stim­mungs­mög­lich­kei­ten jedes Ein­zel­nen zu stei­gern und die Par­ti­zi­pa­ti­on jedes ein­zel­nen Mit­bür­gers an der Demo­kra­tie zu fördern."

"Die digi­ta­le Revo­lu­ti­on ermög­licht der Mensch­heit eine Wei­ter­ent­wick­lung der Demo­kra­tie, bei der die Frei­heit, die Grund­rech­te, vor allem die Mei­nungs­frei­heit sowie die Mit­be­stim­mungs­mög­lich­kei­ten jedes Ein­zel­nen gestärkt wer­den können."

"Wir Pira­ten sind über­zeugt, dass die Gemein­schaft ein­zel­ne Mit­bür­ger nicht bevor­mun­den darf."

"Im Gegen­satz zu Bevor­mun­dung ist es die Auf­ga­be des Staa­tes, die Grund­rech­te des Ein­zel­nen zu ach­ten und zu wah­ren und ihn vor Grund­rechts­ein­schrän­kun­gen, auch gegen­über der Mehr­heit, zu schüt­zen. Die Frei­heit des Ein­zel­nen fin­det dort sei­ne Gren­zen, wo die Frei­heit eines ande­ren unver­hält­nis­mä­ßig beein­träch­tigt wird."

Ich lese außer­dem im Wiki der Pira­ten­par­tei in den FAQ:

"Seid ihr links/rechts?

  • Nein, wir Pira­ten sehen uns außer­halb der Gera­de zwi­schen den Extre­men „rechts“ und “links“. Trotz­dem sind wir nicht irgend­wo in der Mit­te die­ser (gedach­ten) Gera­den anzu­tref­fen, son­dern außer­halb die­ser – unse­rer Mei­nung nach zu simp­len – ein­di­men­sio­na­len Betrach­tungs­wei­se von poli­ti­schen Posi­tio­nen. Wir ste­hen für den Schutz der frei­heit­lich demo­kra­ti­schen Grund­ord­nung, wie sie durch das Grund­ge­setz gedacht ist. Frei­heit ist ein zen­tra­les Ele­ment unse­rer Vorstellungen.
  • Wir ste­hen außer­halb der ein­di­men­sio­na­len Sche­ma­ta, mit denen Poli­tik übli­cher­wei­se kate­go­ri­siert wird. Die Fra­ge des 21. Jahr­hun­derts lau­tet nicht „rechts“ oder „links“, „kon­ser­va­tiv“ oder „sozi­al­de­mo­kra­tisch“. Es geht um Frei­heit oder Auto­ri­ta­ris­mus. Wir posi­tio­nie­ren uns ganz klar auf der Sei­te der Frei­heit. Obers­te Auto­ri­tät für uns ist die frei­heit­li­che und demo­kra­ti­sche Grund­ord­nung nach unse­rem Grund­ge­setz. Dabei sehen wir Frei­heit untrenn­bar ver­bun­den mit Ver­ant­wor­tung. Wir ste­hen des­halb für ein sozia­les und tole­ran­tes Mit­ein­an­der, den frei­en Zugang zu Wis­sen und Kul­tur und einen nach­hal­ti­gen Umgang mit den Res­sour­cen unse­res Planeten."

Ich habe nir­gend­wo eine Auf­for­de­rung gefun­den, Men­schen, die die­se wesent­li­chen Grund­wer­te unse­rer Par­tei gut fin­den und ver­tre­ten, als "rech­tes Drecks­pack" zu dif­fa­mie­ren oder gar aus der Par­tei aus­zu­schlie­ßen. Oder um es für Dumm­köp­fe und Fana­ti­ker noch­mal zu wie­der­ho­len: "Wir posi­tio­nie­ren uns ganz klar auf der Sei­te der Frei­heit." ist ein libe­ra­ler Gedan­ke. Zusam­men mit unse­ren Ideen und For­de­run­gen nach sozia­ler, poli­ti­scher und kul­tu­rel­ler Teil­ha­be jedes Ein­zel­nen in der Gesell­schaft ent­steht dar­aus ein sozi­al­li­be­ra­les Grund­ge­rüst. Ich bin mir bewusst, dass der­ar­ti­ge Begriff­lich­kei­ten und Schub­la­den ihre Schwä­chen haben, aber sie die­nen uns zumin­dest als Hilfs­mit­tel, um die Wert­ori­en­tie­rung der Pira­ten­par­tei auch dem letz­ten Voll­pfos­ten ver­ständ­lich zu machen. Wie Abstim­mun­gen zu bestimm­ten The­men auf Lan­des- und Bun­des­par­tei­ta­gen immer wie­der gezeigt haben, wird die­se Wert­ori­en­tie­rung zudem von der über­gro­ßen Mehr­heit der Pira­ten geteilt.

Kom­men wir zu unse­rem Aus­gangs­punkt zurück. Die Pira­ten­par­tei oder bes­ser gesagt ihre Mit­glie­der lei­den der­zeit unter dem Bekennt­nis­zwang eini­ger weni­ger Fana­ti­ker, die ihre Ideo­lo­gie allen auf­zwin­gen wol­len, kos­te es was es wol­le. Soweit ich das beur­tei­len kann, han­delt es sich dabei um Ideo­lo­gen eines sehr weit links lie­gen­den poli­ti­schen Spek­trums. Die­se Weni­gen sind nicht nur laut, sie sind vor allem aggres­siv, sie denun­zie­ren und dif­fa­mie­ren, sie grei­fen zu unlau­te­ren Mit­teln (wie dem Spam­blo­cken von unlieb­sa­men Twit­ter-Accounts), sie sind nicht an einem Dia­log oder an einer Dis­kus­si­on inter­es­siert und ihr Hori­zont bewegt sich auf dem Niveau Wer-nicht-für-uns-ist-ist-gegen-uns. Oder wer sich mit der Anti­fa nicht soli­da­ri­sie­ren will, muss ein Nazi sein. Oder wen ein Wort wie Nati­on in einem Antrag nicht stört, ist ein Natio­na­list und damit erst­recht ein Nazi. Und so wei­ter. Die Tak­tik der Ein­schüch­te­rung und Aggres­si­vi­tät trägt Früch­te. Die Schrei­häl­se und Trol­le bestim­men die öffent­li­che Dis­kus­si­on inner­halb der Par­tei und zuneh­mend auch die Außen­wahr­neh­mung der Par­tei. Der soge­nann­te Fah­nen­streit auf dem letz­ten Bun­des­par­tei­tag ist ein gutes Bei­spiel dafür.

Tho­mas Wei­jers hat das in sei­nem Blog zum Anlass genom­men, einen Rich­tungs­streit zu pos­tu­lie­ren. Ich glau­be wie­der­um, dass die meis­ten Pira­ten dem was er zu sagen hat, zustim­men kön­nen. Trotz­dem merkt man deut­lich, dass sei­ne Ver­öf­fent­li­chung unter dem Bekennt­nis­druck der weni­gen lin­ken Ideo­lo­gen lei­det. Auch sein letz­ter Absatz ist der Angst geschul­det, nun von die­sen Leu­ten in eine rech­te Ecke gedrängt zu wer­den, wo er — nach allem was er schreibt — sich kei­nes­wegs ver­or­tet sehen will. Das Phä­no­men durch­zieht mitt­ler­wei­le die gan­ze Par­tei. Lei­der schaf­fen es die vie­len gemä­ßig­ten Pira­ten nicht, die Schrei­häl­se in ihre Schran­ken zu wei­sen. Lei­der gibt es kei­ne muti­ge Ver­samm­lungs­lei­tung, die eine Fah­ne auf­grund der vor­her getrof­fe­nen Rege­lun­gen zu Sym­bo­len und Info­ma­te­ri­al auf dem Par­tei­tag wie­der abhän­gen lässt. In einer Par­tei, der die Frei­heit des Ein­zel­nen und sei­ne Rech­te wich­ti­ger als alles ande­re sind, ducken wir uns vor den Nazi-Keu­len der agi­ta­to­ri­schen Kampf­trup­pen weg und über­las­sen ihnen das Feld. Das ist mehr als nur bedauerlich.

Man wird ein­wen­den wol­len, dass vie­les von dem was ich schrei­be nur in der Fil­ter­bubble der Pira­ten und ihren bevor­zug­ten sozia­len Netz­wer­ken wie Twit­ter statt­fin­det. Aber hier liegt — mitt­ler­wei­le — ein gro­ßer Irr­tum. Die Par­tei wird näm­lich auch von außen zuneh­mend nicht mehr über ihre poli­ti­sche Arbeit wahr­ge­nom­men (ja der poli­ti­sche Gestal­tungs­wil­le ist nicht sel­ten sogar völ­lig ver­lo­ren gegan­gen), son­dern über unsäg­li­che Dis­kus­sio­nen und Strei­te, über Rand­the­men, über extre­me Posi­tio­nen aus den Nie­de­run­gen des poli­ti­schen Spek­trums, über Gali­ons­fi­gu­ren eines agi­ta­to­ri­schen Fana­tis­mus, über lin­ke Ideo­lo­gie und einen radi­ka­len Femi­nis­mus, über Sym­pa­thien zu gewalt­be­rei­ten Aktio­nis­ten usw. Den Nor­mal­bür­gern und Nor­mal­wäh­lern mögen die Details in die­sem bedau­er­li­chen Gesche­hen nicht im Ein­zel­nen bekannt sein. Aber es reicht alle­mal, ein gewis­ses Gefühl für die Vor­gän­ge in und um die Pira­ten­par­tei zu bekom­men. Wie die­ses Gefühl aus­sieht, sagen uns die Umfra­ge­wer­te. Die Pira­ten­par­tei läuft in einer rasan­ten Geschwin­dig­keit Gefahr, in ihrer Außen­wahr­neh­mung zu einer ideo­lo­gi­sier­ten, radi­ka­li­sier­ten, lin­ken Rand­grup­pen­par­tei zu ver­kom­men. Der­ar­ti­ge Par­tei­en haben wir bereits in Deutsch­land. Es ist ver­mut­lich nur einem treu­en Teil der Netz­ge­mein­de zu ver­dan­ken, dass wir in der Wäh­ler­gunst noch nicht auf das Niveau der MLPD abge­stürzt sind.

Wir bekom­men eine his­to­ri­sche Chan­ce nach der ande­ren vor die Nase gesetzt. Die letz­te Chan­ce die­ser Art war der Raus­schmiss der FDP aus dem Bun­des­tag und die Lee­re, die der­zeit im Bereich einer ernst­haf­ten libe­ra­len und Bür­ger­rechts­po­li­tik gera­de­zu danach schreit besetzt zu wer­den. Es wäre doch sehr scha­de, wenn wir Jah­re der poli­ti­schen Arbeit in den Sand set­zen und das Feld den­je­ni­gen über­las­sen, die ihren Stem­pel der Par­tei auf­drü­cken und die Deu­tungs­ho­heit über die Grund­wer­te der Pira­ten erlan­gen wol­len. Das wäre im übri­gen nicht nur eine Kata­stro­phe für die Zukunft der Par­tei (die damit end­gül­tig in der Bedeu­tungs­lo­sig­keit ver­schwin­den wür­de), son­dern auch für die Zukunft die­ses Lan­des, denn die Pira­ten sind die der­zeit ein­zi­ge poli­ti­sche Kraft, die der Demon­ta­ge und dem Aus­ver­kauf der Demo­kra­tie und dem dro­hen­den tota­li­tä­ren Über­wa­chungs­staat entgegentreten.

  1. sie­he https://twitter.com/diablescat/status/420270376015659008 — Recht­schreib­feh­ler wur­den der Les­bar­keit hal­ber kor­ri­giert, l und r bedeu­ten natür­lich links und rechts[↩]

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Piraten, Freiheit, Linke, Diskriminierung, sozialliberal

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32 thoughts on “Nicht links, nicht rechts”

  1. Gaejawen sagt:
    9. Januar 2014 um 11:49 Uhr

    Dan­ke! Dan­ke! Danke! 

    Schau doch mal dort rein: gaejawensworld.wordpress.com

    Blog­post: War­um ich bei den Pira­ten sowas von raus bin!

    Lie­be Grü­ße und toll, dass es noch sol­che Pira­ten, wie Dich gibt! Hoff­nung aufbauend!

    Gea­ja­wen

    Antworten
  2. nichtsistwahr sagt:
    9. Januar 2014 um 12:05 Uhr

    Moin,

    den ers­ten Teil dei­nes Posts kann ich sogar ganz gut unter­schrei­ben, aber ein Wider­spruch wohnt die­sem Text doch auch irgend­wie inne — auf der einen Sei­te lehnst du das plat­te "Links-Rechts"-Schema ab, hast dann aber kein Pro­blem damit, gegen "Lin­ke" zu wet­tern. Was soll die­ses "Links" über­haupt sein? Ich ver­ste­he mich selbst als "links", aller­dings eben auch als "libe­ral" und glau­be, dass der dahin­ter ste­hen­de Wer­te­ka­non letzt­lich in etwa dem ent­spricht, was ande­re lie­ber als "sozi­al­li­be­ral" bezeich­net haben wollen.

    Wenn du ein Pro­blem damit hast, dass eini­ge Leu­te Mit­glie­der der Par­tei als "rechts" labeln, soll­test du dar­über nach­den­ken, auch sel­ber auf eben­sol­che sim­pli­fi­zie­ren­den Schub­la­den­be­grif­fe zu verzichten.

    Antworten
  3. soulless sagt:
    9. Januar 2014 um 12:06 Uhr

    Sehr guter Bei­trag. Was die Aus­sen­wir­kung angeht ist das abso­lut rich­tig erkannt. Das Pro­gramm sagt "mehr Bür­ger­be­tei­li­gung und Frei­heit für alle", die Aus­sen­wir­kung ergibt das Bild "Du bist aber kein Bür­ger son­dern Nazi / Sexist / irgend­ein Eti­kett weil Du die­ses eine Wort ver­wen­det hast / nicht zu 100% die rich­ti­ge Mei­nung hast und sol­che Eti­ket­ten dür­fen sich nicht betei­li­gen, die muss man mit allen Mit­teln bekämpfen"

    Wählt man halt dann doch lie­ber irgend etwas das man schon kennt und bes­ser ein­schät­zen kann.

    Antworten
  4. Frank11 sagt:
    9. Januar 2014 um 12:15 Uhr

    @nichtsistwahr Du hast Recht und mir ist bewusst, wel­che Nach­tei­le eine sol­che Begriffs­wahl mit sich bringt. Es ist sogar so, dass ich selbst vie­le mei­ner Über­zeu­gun­gen als poli­tisch links ein­stu­fen wür­de. Ich glau­be es wird klar, dass ich hier nur eine ganz bestimm­te Art von "Lin­ken" mei­ne. Sym­bol- und Bekennt­nis­po­li­tik war den Pira­ten immer fremd. Wir haben immer die Suche nach den bes­ten und prag­ma­ti­schen Lösun­gen bevor­zugt. Die­se Lösun­gen fin­det man aber nicht in einem ideo­lo­gi­schen Mani­fest, son­dern im Dia­log und in der kon­struk­ti­ven Dis­kus­si­on, in der die Mei­nung des Ande­ren respek­tiert wird.

    Antworten
    1. nichtsistwahr sagt:
      9. Januar 2014 um 13:01 Uhr

      @Frank11: Ich glau­be, dass der Begriff "links" an der Stel­le ein­fach nicht passt. Die Kate­go­ri­sie­rung des Poli­ti­schen Kom­pass her­an­zie­hend ist links/rechts eher geeig­net für eine Kar­to­gra­phie­rung öko­no­mi­scher Ein­stel­lun­gen, wäh­rend die von dir kri­ti­sier­ten Ver­hal­tens­wei­sen imho eher auf der Ach­se autoritär/liberal ange­sie­delt sind. Letzt­lich geht es ja um den Umgang mit unter­schied­li­chen Ansich­ten und Lebens­mo­del­len. Eine sol­che Betrach­tungs­wei­se ("auto­ri­tär"?) erlaubt in mei­nen Augen dann auch eher die eben­so berech­tig­te Kri­tik an dif­fa­mie­ren­dem oder ander­wei­tig into­le­ran­tem Ver­hal­ten von Leu­ten, die einer "lin­ken" Ein­stel­lung ganz sicher nicht "ver­däch­tig" sind.

      Was aktu­ell fehlt ist doch eigent­lich die Dekon­struk­ti­on die­ser Schub­la­den und eine Argu­men­ta­ti­on auf Sach­ebe­ne, für wel­che grund­le­gen­den Wer­te — für wel­chen Gesell­schafts­ent­wurf — die Pira­ten­par­tei in Zukunft ein­ste­hen möchte.

      Antworten
      1. LoMi sagt:
        10. Januar 2014 um 07:58 Uhr

        Es stimmt auf ana­ly­ti­scher Ebe­ne schon, dass die Ach­se libe­ral vs. auto­ri­tär pas­sen­der abbil­det, um wen es sich han­delt. Auf kul­tu­rel­ler Ebe­ne ist es aber völ­lig in Ord­nung, die betref­fen­den Grup­pen als "weit links" ein­zu­ord­nen, weil das zu ihrer Selbst­be­schrei­bung gehört. Ich den­ke schon, dass mit Franks Beschrei­bung klar ist, wel­che Sze­ne damit gemeint ist. Es macht auch Sinn, das nicht nur qua­si poli­tik­wis­sen­schaft­lich zu ver­or­ten, son­dern auch mit Namen (sprich: der Ein­ord­nung der Sze­ne, nicht indi­vi­du­el­ler Namen) zu benen­nen, wel­che Per­so­nen das sind. 

        Es sind so womög­lich zwei Ebe­nen des Kon­flikts: Inhalt­lich gese­hen ist es tat­säch­lich eine Aus­ein­an­der­set­zung zwi­schen libe­ra­len und eher auto­ri­tä­ren Hal­tun­gen. Gesell­schaft­lich gese­hen kämp­fen eben bestimm­te Sze­nen bzw. Milieus um die Defi­ni­ti­ons­ho­heit in der Partei.

  5. M G Berberich sagt:
    9. Januar 2014 um 12:17 Uhr

    Zu Beginn des Jah­res 2014 arbei­ten Pira­ten im gan­zen Land an die­sem neu­en Betriebssystem. 

    Das ist aber inzwi­schen eine Min­der­heit, die meis­ten arbei­ten dar­an die Pira­ten in's bestehen­de Par­tei­en­sys­tem zu integrieren.

    (sie­he Bun­des­tags­wahl 2013 – mei­ne Piratenanalyse.

    Antworten
  6. Aleks Lessmann sagt:
    9. Januar 2014 um 15:00 Uhr

    Vie­len Dank für die­sen sehr pas­sen­den Kom­men­tar. Lass dich nicht in seman­ti­sche Spie­le ver­hed­dern, du hast das Gan­ze sehr gut erkannt.

    Lass uns wei­ter kämpfen
    Aleks

    Antworten
  7. Pingback: Zur Antifafahne (weil Twitter manchmal nicht ausreicht) | Piratennotizen
  8. ThFuegner sagt:
    9. Januar 2014 um 17:42 Uhr

    Ob bei den Pira­ten oder in der Schweiz- ob Homo­se­xu­el­le, #auf­schrei- Femi­nis­ten oder rote SA in HH: wer am lau­tes­ten schreit, wird gehört.
    Mir geht die­ser anti­de­mo­kra­ti­sche Pro­zess, den die Medi­en­in­du­trie in ihrer Links­li­be­ra­len Mehr­heit unter­stützt nicht nur auf den Sen­kel, er kotzt mich an. Bele­ge? Hier:
    http://www.welt.de/debatte/kommentare/article117099367/Die-grenzenlose-Emanzipation-einer-Minderheit.html
    Par­al­le­len aus der Schweiz hier:
    http://www.tageswoche.ch/de/2013_21/schweiz/545719/diktatur-der-idioten.htm

    Antworten
    1. mikossa sagt:
      11. Januar 2014 um 20:01 Uhr

      Wenn ich die­sen Bei­trag lese, ver­ste­he ich lang­sam, was die Leu­te mei­nen, mit "Mit­te ist Rechts" und so...

      Wenn hin­ken­de Ver­glei­che, dann bit­te mit "OD" (Ordungs­grup­pe der KPD). Aber das blinkt nicht so schön auf dem Brett vorm roten Kopf, geb ich zu.

      Antworten
  9. tom174 sagt:
    9. Januar 2014 um 17:42 Uhr

    Ich fand die Pira­ten anfangs auch groß­ar­tig. Das ist aber lan­ge vorbei.
    Die Pira­ten hät­ten eine Rol­le spie­len kön­nen. Als Bür­ge­rechts­par­tei und eben gera­de als Par­tei mit Tech­no­lo­gie­kom­pe­tenz. Das hät­te locker für 5% im Bun­des­tag gereicht, und ihr hät­tet koalie­ren kön­nen, mit wem auch immer ihr das am bes­ten hät­tet durch­set­zen können.
    Inzwi­schen seid ihr, zumin­dest von aus­sen betrach­tet, geka­pert wor­den. Das gan­ze Link­szeug? Das kön­nen die Lin­ken bes­ser, und eure ers­te Basis, die digi­tal nati­ves, die sind gar nicht zwin­gend links.
    Die Pres­se hat euch ein frau­en­pro­blem ange­dich­tet, und schon wur­det ihr eine erz­fe­mi­nis­ti­sche Par­tei (wie­der nur von aus­sen) Ste­pha­no­witschs Quo­ten Ding habe ich mal in mei­nem Blog aus­ein­an­der­ge­nom­men.
    Echt scha­de das, aber ich glau­be nicht, dass ihr da noch­mal raus­kommt. Das Ding ist kaputt. Ich wür­de mich aber echt freu­en, wenn der Spass an der Poli­tik, den die Pira­ten mal bei vie­len erzeugt haben, nicht ver­puf­fen würde.

    Antworten
    1. LoMi sagt:
      10. Januar 2014 um 07:53 Uhr

      Tja, Tom, das Quo­ten­pro­blem erle­digt sich nun von selbst. Wenn die Pira­ten in der Bedeu­tungs­lo­sig­keit ver­sin­ken, hel­fen auch kei­ne Frau­en­quo­ten mehr.

      Antworten
      1. tom174 sagt:
        10. Januar 2014 um 09:33 Uhr

        Und dabei war da soviel Idea­lis­mus am start. Post­gen­der.. Betei­li­gung, Poli­tik 2.0, ein­fach das rich­ti­ge tun, ohne scheuklappen..

      2. LoMi sagt:
        10. Januar 2014 um 09:49 Uhr

        Ja, ver­dammt scha­de. Ich habe die Par­tei auch bei der letz­ten Bun­des­tags­wahl gewählt und ein­fach mal die Pro­ble­me igno­riert. Wegen der zuletzt ster­ben­den Hoff­nung und so...

  10. Manuel sagt:
    9. Januar 2014 um 20:23 Uhr

    Zitat: "Soweit ich das beur­tei­len kann, han­delt es sich dabei um Ideo­lo­gen eines sehr weit links lie­gen­den poli­ti­schen Spektrums."

    Ist Ali­ce Schwar­zer links? Sind die Grü­nen links?
    Manch einer wie ich, der sich für einen der weni­gen ver­blie­be­nen ech­ten Lin­ken betrach­tet, sagt hier ganz klar "Nein, die sind nicht links". Aus mei­ner sub­jek­ti­ven Per­spek­ti­ve liegst Du daher völ­lig falsch.

    Zitat: "... sie grei­fen zu unlau­te­ren Mit­teln (wie dem Spam­blo­cken von unlieb­sa­men Twitter-Accounts)"

    Das kam ganz klar von der Mäd­chen­mann­schaft, was man zum einen am Voka­bu­lar erken­nen kann ("men­tio­ned"), zum ande­ren an der ers­ten Per­son, die auf der Lis­te stand (eine leicht femi­nis­mus­kri­ti­sche allein­er­zie­hen­de Mut­ter, die die Mäd­chen­mann­schaft tref­fend als "Rotz­löf­fel­fa­brik" bezeich­net hat.

    Zitat: "... son­dern außer­halb die­ser – unse­rer Mei­nung nach zu simp­len – ein­di­men­sio­na­len Betrachtungs­weise von poli­ti­schen Positionen."

    Die Fra­ge "Schwan­ger oder nicht?" ist auch ein­di­men­sio­nal. Dar­aus dann abzu­lei­ten dass "ein biss­chen schwan­ger" doch auch mög­lich sein müss­te, ist trotz­dem Blödsinn.
    In der Poli­tik redu­ziert sich letzt­end­lich auch alles auf die Fra­ge "Koope­ra­tiv oder kon­fron­ta­tiv?" Arbei­te ich mit den ande­ren oder gegen die ande­ren? Wett­be­werb oder Koope­ra­ti­on? Sozi­al oder sozi­al-dar­wi­nis­tisch? Kom­mu­nis­mus oder Faschis­mus? Rechts oder links?
    Wer sich davor drückt, hier Far­be zu beken­nen, ist stets mehr rechts als links. Nur Rech­te schä­men sich für ihre Ein­stel­lung, weil sie letzt­end­lich genau wis­sen dass die unmensch­lich sind.

    Zitat: "Es geht um Frei­heit oder Auto­ri­ta­ris­mus. Wir posi­tio­nie­ren uns ganz klar auf der Sei­te der Freiheit."

    Wel­che Frei­heit? Die Frei­heit ande­re aus­beu­ten zu dür­fen oder die Frei­heit vor Aus­beu­tung beschützt zu wer­den? Wer hier nicht klar sagt wel­che Frei­heit er meint, meint immer die Frei­heit zur Aus­beu­tung. Um die Frei­heit der Aus­beu­ter zu begren­zen, braucht es das, was hier "Auto­ri­ta­ris­mus" genannt wird. Ansons­ten endet die Frei­heit immer im tota­len Feu­da­lis­mus und Fasch­si­mus, so wie es gera­de jetzt wie­der pas­siert, da die Frei­heit des Aus­beu­ters sich bis­her stets ducrhge­setzt hat gegen­über den Frei­hei­ten aller anderen.

    Die Pira­ten beka­men ihren ein­zi­gen Wahl­er­folg aus der "IT-Schicht", die fast geschlos­sen völ­lig ange­wi­dert ist von den Gen­der-Trol­len (die eben nicht links sind), die erfolg­reich die Pira­ten unter­wan­dert und kom­plett über­nom­men haben. Ein Zurück gibt es nicht mehr, die IT-Schicht wird nie wie­der die Pira­ten wählen.

    Pira­ten sind Geschichte

    Antworten
    1. Martin sagt:
      10. Januar 2014 um 12:08 Uhr

      "Wer hier nicht klar sagt wel­che Frei­heit er meint, meint immer die Frei­heit zur Aus­beu­tung. Um die Frei­heit der Aus­beu­ter zu begren­zen, braucht es das, was hier „Auto­ri­ta­ris­mus” genannt wird. "

      Und genau die­ser kom­plet­ter Dumm­pitz ist das, was den ech­ten Lin­ken ausmacht.

      "so wie es gera­de jetzt wie­der pas­siert, da die Frei­heit des Aus­beu­ters sich bis­her stets ducrh­ge­setzt hat gegen­über den Frei­hei­ten aller anderen."

      Ich lach mich schlapp. In einer Zeit, in der gan­ze Indus­trien plan­wirt­schaft­lich flach­ge­legt wer­den, Grund­ei­gen­tü­mer mas­sen­wei­se ihrer Eigen­tums­rech­te beraubt wer­den, träu­men die "weni­gen ver­blie­be­nen ech­ten Lin­ken" von einer "Herr­schaft der Ausbeuter".

      Ist halt genau­so eine ideo­lo­gie-Reli­gi­on wie der rech­te Mist, der lin­ke Mist.

      Antworten
    2. Edelweißpirat sagt:
      11. Januar 2014 um 14:11 Uhr

      "Wer sich davor drückt, hier Far­be zu beken­nen, ist stets mehr rechts als links. "
      genau das ist die­ser Sche..., war­um ich als Lin­ker ein Pro­blem mit die­ser "Anti­fa" habe...so in der Art eben , wer nicht für uns ist gegen uns...der größ­te Quatsch den es gibt !

      ..ansons­ten das was @Martin sagt
      Edelweißpirat

      Antworten
      1. mikossa sagt:
        11. Januar 2014 um 19:45 Uhr

        Ich habe auch des­halb ein Pro­blem mit dem Wort "Links", weil es so ein unde­fi­nier­ter Begriff ist.
        Man sehe sich an, wer sich alles als Lin­ker, wah­rer-ech­ter-sonst­was Lin­ker und als Nicht­links­extre­mist bezeichnet.

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